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Perfekter Ensembleklang

MAINZ (25. Juli 2021). Im vergangenen Dezember verhinderte Corona ein Weihnachtskonzert von amarcord, das am 17. Dezember im Rahmen der Mainzer Meisterkonzerte als Sonderkonzert außerhalb der Aboreihe nachgeholt werden soll. Und wenn man das Musiksommer-Gastspiel auch als Werbung für diesen Auftritt verstehen will, dürfte der Auftritt im Winter schnell ausverkauft sein, so begeistert war das Publikum im Kurfürstlichen Schloss von der Darbietung des Quintetts. Seit 2013 singen die Tenöre Wolfram Lattke, Robert Pohlers, der Bariton Frank Ozimek und die Bässe Daniel Knauft und Holger Krause nun schon in dieser wunderbar homogenen Besetzung, deren Ton so ungezwungen und natürlich ist, als wäre ein derart perfekter Ensembleklang nicht das Ergebnis hochkonzentrierter Arbeit.

Meister der Renaissance standen auf dem Programm, das amarcord mit weltlichen und geistlichen Stücken gestaltete. In den Wohlklängen von Josquin Desprez‘ Stücken „Illibata Dei Virgo nutrix“, „Delevi ut nubem“ und „In te Domine speravi“ schien die Zeit geradezu still zu stehen. 2021 begeht die Musik den 500. Todestag dieses Komponisten – würdiger als an diesem Abend könnte dies kaum geschehen. amarcord taucht unglaublich tief in die Mehrstimmigkeit ein und bewegt sich als Quintett stets im perfekten Einklang: Jeder ist primus inter pares, nie sticht eine Stimme heraus, wenn die Musik dies nicht einfordert.

Als Eckstimmen fungieren der federleichte Counter von Wolfram Lattke, der einem funkelnden Juwel gleich perfekt von den Stimmen seiner Kollegen eingefasst wird, sowie der unglaublich samtige Bass Holger Krause. Die fünf Sänger kommunizieren nur über Blickkontakt und die Musik, durch die sie im Moment des Entstehens aufs Engste miteinander verbunden sind. Ihr Gesang besitzt eine so selten zu hörende Strahlkraft und erklingt dabei im höchsten Ebenmaß. Auch im Madrigalfach, wo nicht nur der Melodiefluss, sondern vor allem auch das Spiel mit Agogik und Dynamik, mit einzelnen Tönen und Silben wichtig ist, erweist sich amarcord als Meister. Fast kann man das Textheft getrost beiseitelegen, denn der jugendlich frische Gesang ist selbsterklärend – im Beklagen eines grausamen Schicksals bei Heinrich Schütz wie im Erzählen von Schlüpfrigkeiten, die Orlando di Lasso einen Landsknecht einer holden Maid gegenüber vorschwärmen lässt.

Ende 2020 berichtete auch diese Zeitung über eine bundesweite konzertierte Aktion von mehr als 40 deutschen Knabenchören, die damals auf die auch durch Corona schwieriger gewordene Gewinnung von Nachwuchs aufmerksam machte. Das Ensemble amarcord, das von ehemaligen Mitgliedern des Leipziger Thomanerchors gegründet wurde, ist ein weiteres schlagendes Argument dafür, dass das Genre Knabenchor – sei es in Dresden, Regensburg, Windsbach oder auch am hiesigen Mainzer Dom – von den Verantwortlichen auch künftig ideell wie finanziell gehegt und gepflegt werden möge.

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