Das Leben der Florence Foster-Jenkins
Die Biographie der Florence Foster-Jenkins (1868-1944) ist derart schillernd, dass sie fast wie erfunden klingt. Doch ihr Leben hat sich in etwa so zugetragen, wie Stephen Temperley es in „Souvenir“ erzählt.
Florence Foster erhielt als Tochter aus wohlhabendem Hause Musikunterricht und äußert gegen den Willen der Eltern den Wunsch, Gesang zu studieren. Nach ihrer Heirat mit dem Arzt Frank Thornton Jenkins arbeitete sie als Lehrerin und Pianistin; 1903 wurde die Ehe geschieden. 1909 starb der Vater von Florence Foster-Jenkins und hinterließ ihr so viel Geld, dass sie sich ganz auf ihre Gesangskarriere konzentrieren konnte, von der ihr die Eltern und der Ex-Mann abgeraten hatten.
Sie fing an, am Musikleben von Philadelphia aktiv teilzunehmen und gründete den von ihr finanzierten „Verdi-Club“. Darüber hinaus nahm sie Gesangsunterricht und gab ihr erstes Konzert. In ihrem Kopf mag sie mit engelsgleicher Stimme die Welt bezaubert haben. In der akustischen Realität aber bogen sich die Balken und die Zuschauer aus der High Society vor Lachen.
Schon bald verbreitete sich ihr Ruf als schlechte Sängerin, erst in Philadelphia und dann im ganzen Land; ihre Konzerte wurden zu einem echten Insider-Tipp, wodurch sich Foster-Jenkins in ihrem Tun bestärkt fühlte und einen immer exaltierteren Lebensstil pflegte. Einer Anekdote zufolge schenkte sie nach einem Autounfall dem schuldigen Fahrer eine Kiste Zigarren, da sie der Meinung war, ihr „hohes f sei durch den Schreck viel höher“ geworden.
Obwohl das Publikum nach mehr Auftritten verlangte, beschränkte sich Foster-Jenkins auf seltene Auftritte vor einem erlesenen Publikum, das sie selbst auswählte. Am 25. Oktober 1944 gab sie dem öffentlichen Druck schließlich nach und sang mit 76 Jahren ein Konzert in der Carnegie Hall, das schon Wochen vorher ausverkauft war und dessen Eintrittskarten am Schwarzmarkt sagenhafte Preise erzielten. Einen Monat später starb sie.
Ihren Kritikern begegnete sie mit den Worten: „People may say I can’t sing, but no one can ever say I didn’t sing.“ Die Leute könnten vielleicht behaupten, dass sie nicht singen könne, aber niemand dürfe sagen, dass sie nicht gesungen hätte. Dieser Satz ist auch die Inschrift ihres Grabsteins.
Stephen Temperley zeigt in seinem Stück „Souvenir“ eine von der Kunst beseelte Frau, die sich durch nichts und niemanden von ihrer Liebe zur Musik abbringen lässt. Dabei stellt er die Perspektive von Florence Foster-Jenkins‘ Begleitpianisten Cosme McMoon ins Zentrum des Stückes. Anfangs voller Skepsis und von rein finanziellen und pragmatischen Überlegungen geleitet, wird McMoon zunehmend in die Welt und bizarre Sichtweise seiner Bühnenpartnerin Foster-Jenkins verwickelt.