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Vokale Allianz: Maulbronner Kammerchor<br /> und Kölner Kantorei singen im Mainzer Dom

MAINZ – Das Überraschende an diesem Konzert nicht die Qualität der beiden Ensembles, die die Schwaben seit 25 und die Rheinländer schon seit 40 Jahren unter Beweis stellen: Es war die Selbstverständlichkeit, mit der sich zwei Chöre zu einem Klangkörper zusammenschmieden lassen, ohne dass man hier irgendwelche klanglichen Einbußen beklagen oder homogenen Brüche beklagen muss.

„Sende dein Licht“ lautete das Motto des Jubiläumskonzerts, das neben Motetten der Romantik vor allem zeitgenössische Werke vorstellte. Beide Ensembles beschritten mit Max Regers „Morgengesang“ und Felix Mendelssohn-Bartholdys Psalmvertonung „Richte mich Gott“ bekannte Repertoire-Pfade, um alsbald neue Wege in Richtung 20. und 21. Jahrhundert einzuschlagen
.
Und dennoch lud der Kölner Chorleiter Volker Hempfling dazu ein, gerade hier einmal verweilen: Wohl der ausladenden Akustik des Mainzer Doms geschuldet ging er Psalm 43 äußerst langsam an und wartete nach Zäsuren jeweils das Echo ab; damit brachte er den Zuhörer allerdings dazu, bewusster auf den Text zu hören. In Regers Motette war es der Maulbronner Dirigent Jürgen Budday, der den großen Chorklang zu einem hauchdünnem Pianissimo verschlankte – ein Stilmittel, das auch in den anderen Werken effektvoll eingesetzt wurde.

Das Thema „Licht“ verstanden die Sängerinnen und Sänger vielstimmig und -schichtig umzusetzen: Kraftvolles Strahlen, verheißungsvolles Aufflammen und warmes Leuchten wurden hier anrührend in Klang umgesetzt. Besonders die Motetten „O nata Lux“ von Morten Lauridsen (*1943) aus dem 1997 komponierten Zyklus „Lux Aeterna“ und das österlich anmutende „Lumen Christi“, das der irische Tonkünstler Colin Mawby (*1936) extra für dieses Programm komponiert hat, waren hier Quellen einer kontemplativen Ruhe.

Nicht allzu häufig trifft man bei semiprofessionellen Chören die Pflege der Literatur für Männer- und Frauenchor an. In diesem Konzert sangen die Damen mit Pavel Tschesnokows (1877-1944) kirchenslawischem „Svéte tíhiy“ und Hans Schanderls (*1960) „Morgenglanz der Ewigkeit“ meditative Stücke, während sich die Herren im Ostchor des Doms aufgestellt nach Mendelssohn-Bartholdys „O lux beata trinitas“ der autonom anmutenden Motette „Licht – Licht vom Licht“ des Komponisten Wolfram Buchenberg (*1962) widmeten.

Das finale Stück nach John Rutters (*1945) „Hymn to he Creator of Light“ war Buchenbergs irisierendes Stück „O nata Lux“, bei dem die Chöre von Alexander Doll am Vibraphon begleitet wurden. Eröffnet wurde das Stück von den Klangplatten mit dem Bogen entlockten Resonanzen, in die der Chor dann teils imitierend einstimmte. Der 2006 uraufgeführten Komposition liegt ein mittelalterlicher Hymnus der Laudes zum Fest Christi Verklärung zugrunde. Die Wiederholung der anfänglichen Klangfarben ließ das Werk und damit auch das Konzert in sphärisch transparenter Stimmung ausklingen.

Vielleicht war das nach einem bislang schon langen und äußerst gehaltvollen Konzert ein bisschen schwere Kost, wenngleich die Interpretation an Güte und Qualität über jeden Zweifel weit erhaben war. Denn in jeder gesungenen Musik überzeugten die beiden Ensembles sowohl gemeinsam als auch „solistisch“ in puncto Intonation, Diktion, Dynamik und Homogenität auf der ganzen Linie.

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