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Severin Groebner auf Sinnsuche

Es ist wie ein altmodischer Jahrmarktbesuch: Lasziv wird das Leben auf der Cabaret-Bühne besungen und der Zuschauer durch ein Panoptikum der aberwitzigsten Gestalten geführt. Nun handelt es sich hier aber nicht um eine Geisterbahn, die wohliges Gruseln erzeugt oder Zerrbilder im Hohlspiegel, sondern um die Familie des österreichischen Kabarettisten Severin Groebner – und man mag ihm von Herzen wünschen, dass diese nur zur Bühnenfigur gehört.

Opa Groebner ist gestorben und man trifft sich auf dem Friedhof: Da ist die Schwester, ihres Zeichens Bewährungshelferin, oder Tante Marie und Onkel Joe, „Alt 68er, die sich ihre Revolution haben überdurchschnittlich abkaufen lassen“: „Er hat eine Werbeagentur und sie ist Psychologin: Also er redet den Menschen was ein und sie ihnen wieder aus.“ Da ist die bigotte Tante Hilde: „Unterdurchschnittlich intelligent, aber überdurchschnittlich fromm – also katholisch.“ Und die Großtante „Terror“ Therese, Witwe eines SS-Offiziers, für die die Osterweiterung viel zu friedlich abläuft und die Wiedervereinigung ein Anfang ist.

Severin Groebner gießt seine skurrilen Übertreibungen wie ätzende Säure auf die Bühne – im Verbund mit dem breiten Wiener Dialekt gewinnt das einen bizarr-morbiden Charme. Der Verwandten sind noch viele mehr und der einzig normale scheint – außer Groebner selbst – der bekiffte Cousin Charly zu sein…

Mit kurzen Seitenhieben hakt er die verschiedenen Lebensläufe ab und schnell wird klar: „So gibt man dem Leben seinen Sinn“, dieser doppeldeutige Programmtitel, ist für den Sinnsuchenden nicht äußerst ergiebig, bis Groebner nach seinen Gedankengängen zum versöhnlich aufrüttelnden Fazit ausholt und den verstorbenen Opa zitiert: „Wichtig ist es, die richtigen Fragen zu stellen – nur Trottel wollen Antworten.“

Aber unterhaltsam ist der Weg dahin schon, zumal der schlaksige Österreicher im schwarzen Zwirn wie so viele seiner kabarettistischen Landsleute auch ein begnadeter Schauspieler ist. Mit ein wenig Mimik, Gestik und einem anderen Tonfall schlüpft er in die Rolle der anämischen Cousine, des Gameboy spielenden Neffen „in seiner zweidimensionalen Welt“ oder der versoffenen Tante.

Den zweiten Programmteil bestimmt neben weiteren Chansons zur Klaviermusik vom Band ein vielleicht etwas zu ausladender Traum, dessen Absurdität Groebner auf die Spitze treibt. Aber auch hier gilt: Wer sich darauf einlässt, auch dem scheinbar Sinnentleerten zuzuhören, kommt in den Genuss vom darstellerischen Talent des Künstlers und einer berauschenden Reise. Chapeau!

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