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Streitbare Harmonien mit Weber und Beckmann

MAINZ – Loriot hat ja so Recht: Männer und Frauen passen einfach nicht zusammen. Und wenn sie Weber und Beckmann heißen, schon mal gar nicht, was die beiden in ihrem Programm „Du mich auch“ einmal mehr herrlich auf die Unterhaus-Bühne bringen.

Die koketten Sticheleien, die sich als textliches Gegenpart zum gesungenen Chanson zwischen Kabale und Liebe abspielen, geraten frisch und neckisch, hat Christiane Weber ihren Pianisten Timm Beckmann doch dereinst in Essen auf dem Weihnachtsmarkt mitgenommen, wo er in einer Kriegsveteranen-Uniform einarmig den Synthesizer spielte. Gerüstet mit einem solchen Druckmittel hat sie ihn natürlich in der Gewalt und man möchte den Mann am Klavier bei seinen immer wieder begonnenen Fluchtversuchen eigentlich aus vollem Hals ermunternd anfeuern.

Doch eine Trennung wäre fatal, denn zu gut harmonieren Weber und Beckmann als Duo, wenn sie ihre zartbitteren Liebeslieder singt oder liebevoll die Absurditäten des Alltags gegen den Strich bürstet. Ansprechend ist die Vielseitigkeit, denn die Gefühle gehen in alle Richtungen: Den Empfindungen des Verlassenen werden die der Verlassenden gegenübergestellt und auf ein Lied, das dem verlorenen Stolz nachtrauert, folgt eines, in dem sich die Protagonistin mit Sekundenkleber am Tisch fest geleimt hat, um nicht den ersten Schritt zu tun.

Auch wenn sich ein Großteil des Programms der Liebe und ihren melancholischen Ausläufern widmet, ist der Ausdruck Beckmanns doch tief wie ihr stimmliches Spektrum breit: Sie singt den empfindsamen Chanson ebenso überzeugend wie sie die robuste Rockröhre gibt – kurz: Christiane Beckmann trifft mit und für ihre Lieder immer den richtigen Ton. Stets begleitet Timm Beckmann seine Sängerin äußerst einfühlsam und pointiert. Die balladesken Chansons, die sich um die Liebe drehen, werden galant untermalt und auch zur großen Geste ist der Pianist fähig.

Übrigens, er wird ebenfalls begleitet: von seinem durch eine Schnulzen-Allergie geweckten persönlichen Tinnitus namens Jochen, der sich jedoch gnädig der gespielten Melodie anpasst und diese mitfiept. Wie es anders klingen kann, beweist Weber mit einer Klavierfassung von Schumanns dritter Sinfonie, der „Rheinischen“, in der er andauernd den Kammerton a dazwischen funken lässt.

Derartige Störungen sind im Programm „Du mich auch“ zum Glück nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Als könne man das Stück gar nicht anders angehen, haben Weber und Beckmann sich diesmal Shakespeares „Romeo und Julia“ vorgeknüpft und jagen rasant durch das tragische Geschehen. Gespickt mit Zitaten aus anderen Bühnenwerken des englischen Genius’ wird aus dem Drama ein kleines Oratorium.

Und wem das zu viele Akte waren, dem singt Timm Beckmann mit sonorem Bass ein „Liebeslied mit einem Akt“, das den Ehebruch propagiert. Doch wenn Christiane Beckmann empört Einspruch erhebt, erntet sie nur ein trockenes: „Ich verstehe mich als Spiegel der Gesellschaft.“ Und wieder liegen sie sich in den Haaren…

Informationen zu Christiane Weber und Timm Beckmann finden sich unter www.weber-beckmann.de.

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