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Prima Klima im Weinberg

Wie jede Pflanze braucht auch die Vitis vinifera, so der botanische Name der Weinrebe, ein stabiles Klima. Dessen unleugbarer Wandel hat bislang dazu geführt, dass bestimmte Sorten mittlerweile dort wachsen, wo es ihnen bislang zu kalt war. Anderen wird es am angestammten Platz langsam zu heiß. In diesem Zusammenhang liest man immer öfter von Cool-Climate-Weinen, die es eben lieber etwas kühler mögen. Doch was verbirgt sich hinter diesem Begriff?

Die Ursprünge des Cool-Climate liegen in Übersee: Chile, Neuseeland und den USA. Seit Mitte der 1990er-Jahre hatte man vor allem in Ländern mit wärmeren Regionen begonnen, Weinreben in höheren, also kühleren Lagen anzupflanzen. Dabei werden Weinberge in Höhen von etwa 750, durchaus aber auch mal in 1000 Metern angelegt. Zudem nutzt man verstärkt schattige Hanglagen sowie den kühlenden Einfluss von Gewässern, Seen oder Ozeanen. Cool-Climate bezeichnet also schlicht die Weinberge, die sich durch ein kühleres Klima auszeichnen, was sich in der Qualität der Weine widerspiegelt: Und Cool-Climate-Weine zeichnen sich durch Fruchtigkeit, nicht zu viel Alkohol, ausbalancierte Säure und eine spürbare Leichtigkeit aus.

Da sich die Cool-Climate-Grenze immer mehr in den Norden verschiebt, sind Cool-Climate-Weine auch hierzulande mittlerweile Thema. Sie wachsen in Gegenden, wo es nachts kühler wird. So kann beispielsweise das Elbtal gegenüber der Region Baden deutlich punkten. Eigentlich ist es ganz einfach: Ist es zu kalt, reifen die Trauben nicht richtig, was in den drei Jahrzehnten vor 1990 öfters der Fall war. Ist es zu heiß, „verkochen“ die Früchte geradezu oder werden überreif. Die goldene Mitte wäre die Lösung, denn dann reifen die Trauben langsamer und länger bis zur Ernte.

Die ständige Wechselwirkung von Hitze tagsüber und nächtlicher Kälte kommt der Ausbildung der Geschmacksaromen entgegen. Außerdem wird der Säuregehalt in den Beeren konserviert. Die klimatische Balance verhindert auch, dass Weine zu viel Zucker einlagern, was wiederum den Alkoholgehalt in Grenzen hält. Zudem kann der Winzer gelassener den Zeitpunkt der Lese bestimmen. Zwar hat die allgemeine Klimaerwärmung dazu geführt, dass das zu erreichende Reifestadium verlässlicher ist. Allerdings werden bestimmte Insekten auch nicht mehr durch lange Frostperioden dezimiert und der zunehmende Zuckergehalt der Früchte macht diese anfälliger für Fäulnis.

So, wie der Mensch für angenehme Autofahrten die Klimaanlage einschaltet, fühlt sich auch der Wein am wohlsten, wenn es nicht zu heiß ist. Rebsorten wie Weißburgunder oder Chardonnay macht die zunehmende Wärme weniger aus. Für Cool-Climate-Weine nutzt man
vor allem traditionelle Sorten wie Riesling, Silvaner, Scheurebe oder Spätburgunder, die ein kontinentales Klima bevorzugen; und das heißt eben: heiße Tage sowie kalte Nächte im Sommer, wenig Regen im Herbst, durchaus Frost im Winter.

Ob die Menschheit den Klimawandel eindämmen kann, ist äußerst fraglich. Vielmehr sollte sie sich darüber Gedanken machen, wie sie mit den Folgen der selbstgemachten Situation zurechtkommen kann. Mit Cool-Climate-Weinen haben die Winzer auf jeden Fall einen Schritt in diese Richtung getan.

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