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Spargel will Wein

Er gilt als „königliches Gemüse“, ja sogar als „weißes Gold“: der Spargel. Bald hat er wieder Saison. Das noch unter Folie gezogene Gemüse ist oft schon etwas früher am Markt und wer es nicht erwarten kann, muss für ein Kilo Spargel dann schon etwas tiefer in die Tasche greifen. Wir gedulden uns lieber noch ein wenig bis zum wetterbedingten Startschuss und nutzen die Zeit, um uns unter anderem mit der Frage zu beschäftigen, welcher Wein denn wohl am besten zum Asparagus passt.

Zuerst ein bisschen Spargelkunde: Der weiße Spargel wächst unterirdisch, schmeckt aber überirdisch. Einen Zentimeter am Tag legt er zu Saisonbeginn an Länge zu, etwa drei Wochen braucht er, bis er ausgewachsen ist. Am 24. Juni, dem Johannistag, endet die Saison. Bis dahin werden in Deutschland auf etwa 29.000 Hektar Spargel angebaut, was fast 42.000 Fußballfeldern entspricht. Dass das „königliche Gemüse“ auch importiert wird und somit das ganze Jahr über erhältlich ist, soll hier keine Rolle spielen – die Unterstützung der peruanischen Landwirtschaft hin oder her.

Ach ja, es gibt noch eine hehre Bezeichnung: „Elfenbein zum Essen“, wobei Spargel ja auch grün zu haben ist. Die einst von den Römern importierte Urform wächst überirdisch und hat neben einer wunderbar nussigen Note den unschlagbaren Vorteil, dass man sie nicht zu schälen braucht. Außerdem enthält grüner Spargel mehr Vitamin C und Karotin. Der weiße Spargel wurde im 17. Jahrhundert eher zufällig entdeckt: Bauern hatten zur Wärmespeicherung und zum Schutz vor Schädlingen Tonhauben über die Triebe gestülpt, wodurch diese mangels Sonnenlichts farblos blieben. Irgendwie erinnert das ein bisschen an die ebenfalls unbeabsichtigte Entdeckung der Spätlese 1775. Man kultivierte den Gemüseanbau, indem man über den Pflanzen Erde anhäufte und die Stangen seither „sticht“, also in der Erde schneidet.

Der Spargel war anfangs das Gemüse der Adligen, sein Anbau kostspielig und mühevoll. Und weil sich das bis heute nicht geändert hat (außer das mit den Aristokraten), sei an dieser Stelle mal den vielen vor allem osteuropäischen mindestentlohnten Erntehelfertrupps gedankt, die sich in den kühlen Morgenstunden ins Feld begeben, um für uns das „weiße Gold“ aus der Erde zu holen. 17 bis 18 Euro musste man Ende März 2024 für ein Kilogramm Spargel berappen, je weiter die Saison voranschreitet, desto günstiger wird das „königliche Gemüse“. Dabei besteht es zu 93 Prozent aus Wasser! Den Rest teilen sich Proteine, Kohlenhydrate und Fette: 100 Gramm Spargel haben gerade mal 15 kcal.

Doch diese hervorragende Energiebilanz wird natürlich rasch durch die oft zum Spargel gereichte Sauce Hollondaise (rund 240 kcal pro 100 Gramm) durchkreuzt. Und eben durch den Wein (etwa 150 kcal pro Glas). Unterm Strich geht es beim Spargelessen aber zum Glück nicht in erster Linie um gesunde Ernährung, sondern um puren Genuss, weswegen wir uns jetzt sozusagen in den Weinkeller begeben, um endlich den passenden Begleiter für die Royals unter den Vegetables zu finden. Beim Wein und beim Spargel macht die Farbe den Unterschied. Wobei Rotwein aufgrund seiner Tannine als Pairingpartner von vornherein ausscheidet: Zum „weißen Gold“ passt weißer Wein. Punkt. Vielleicht noch ein Rosé. Die wichtigste Grundregel lautet: Der zarte Spargel sollte immer die Oberhand behalten, der dazu gereichte Wein also nicht zu alkoholhaltig und expressiv in puncto Säure und Frucht sein.

Ist der Asparagus weiß, hat er einen milden, leicht süßen bis zartbitteren Geschmack. Hier empfiehlt sich ein trockener Silvaner aus Rheinhessen oder Franken wie auch ein Grüner Veltliner, denn das dezente Aromenspiel dieser Trauben lässt dem Gemüse genügend Raum am Gaumen. Grüner Spargel ist nicht nur in der Farbe intensiver: Auch die Aromen sind stärker und verlangen daher nach einem ebenbürtigen Tischnachbarn. Erste Wahl sind hier Grauburgunder aus Rheinhessen oder Riesling aus der Pfalz; auch ein Chardonnay, allerdings nicht aus dem Barriquefass, ist hier nicht fehl am Platz. Eine Variante des grünen ist der (ebenfalls oberirdisch wachsende) violette Spargel, der ansprechende Bittertöne serviert. Hierfür eignet sich Weißburgunder aus Baden und von der Mosel oder ein frischer Rivaner aus Franken.

Eben war schon von der Sauce Hollondaise aus zerlassener Butter und Eigelb die Rede. Gehaltvolle Stippen suchen im Wein einen spritzigen Begleiter und finden ihn im mineralischen Moselriesling mit seiner reinrassigen Säure. Je üppiger die Sauce ist, desto ausdrucksvoller sollte der Wein sein. Die kalorienbewusste Alternative zur Hollondaise ist der Spargelsalat, den man am besten mit einer milden Vinaigrette zubereitet. Hier stehen dann als angenehme Begleiter ein fränkischer Silvaner oder halbtrockener Rheingau-Riesling Glas bei Fuß. Wenn die ersten Erdbeeren reif sind, kann man sie ebenfalls bestens mit Spargel – und einem frischen Rosé – kombinieren.

Asparagus schmeckt pur, mit Kartoffeln und Pasta, im Risotto, aber auch als Beilage zu Fisch oder Fleisch. Frischer Lachs oder Saibling in wenig Butter gebraten passen so perfekt wie dazu harmonische Weißweine, etwa ein Müller-Thurgau oder Weißburgunder. Schon Wilhelm Busch dichtete: „Denn Spargel, Schinken, Koteletts / sind doch mitunter auch was Netts.“ Wird zum Spargel also luftgetrockneter Schinken gereicht, braucht es etwas, um der nussigen Würze zu begegnen. Am besten können hier ein nicht zu blumiger Sauvignon blanc oder ein feinfruchtiger Silvaner parlieren. Ohnehin stellt Fleisch hohe Ansprüche an die feinen Spargelaromen. Kalbs- oder Schweineschnitzel und auch ein mild gewürzter Braten haben an sich schon ein gewichtiges Aromenbouquet. Hier empfehlen sich herzhafte und ebenfalls ausdrucksvolle Weine, deren Aromen in der vielfältigen Komposition bestehen. Und das können Weißer wie Grauer Burgunder oder auch ein Chardonnay mit zartem Schmelz sein.

Mit dem Spargel verhält es sich übrigens wie mit allen „Saisonartikeln“ à la Lebkuchen oder Glühwein: Irgendwann ist auch mal wieder gut und man hat genug „Elfenbein“ gegessen. Zum Glück trifft das nicht auf die aromatische Weinbegleitung zu, denn daran hat man ja in der Regel das ganze Jahr über seine Freude. Zum Glück.

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