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Der Koch gibt den Komödianten

Angesichts des ausladenden Tourneeplans scheint dieser Hans in allen Gassen zu dampfen – auch wenn er Horst heißt. Den Nachnamen Lichter kennt mittlerweile jeder, ihm selbst scheint er gar nicht so wichtig: Für den Koch, der das Karma des kölschen Karnevals in die Küche zaubert, zählen ganz andere Werte. Und die haben nichts mit Cholesterin zu tun, auch wenn sein gehaltvolles Schmurgeln einen ganz gehörigen Anteil daran haben dürfte, dass der legendäre EU-Butterberg seit 2007 als abgetragen gilt.

„Sushi ist auch keine Lösung“ – mit diesem Slogan gibt Horst Lichter dem Abend in der restlos ausverkauften Mainzer Phönixhalle die Marschrichtung vor: leichten Fußes weg vom Mainstream, vom Sternekochen, vom kleinen Portiönchen für den gezügelten Appetit. „Ich kann nur lecker“, ist Lichters Losung. Und die gilt den ganzen Abend über.

Natürlich wird auch live gekocht: Kartoffelpüree, Gurkensuppe und Fischstäbchen. Sushi aber ist aus: „Ich bin Koch, kein Origamifalter.“ Der kalte, rohe Fisch ist für Lichter „eine Zigarre, die man nicht raucht, sondern kaut“. Mal flach, mal gewitzt, immer aber herzlich und vor allem authentisch sättigt Lichter seine Fans mit Frohsinn. Der Koch gibt den Komödianten. Und das überzeugend, weil er nicht(s) spielt, sondern einfach nur erzählt – Lichter pur eben.

Denn bei allem Kalauern stehen die Geschichten im Mittelpunkt. Herzhaft blickt der Küchenchef über jeden Tellerrand und kommentiert mit ironischer Distanz das Töpfegeklapper der Stars. Sympathisch werden seine Kollegen von Lafer bis Schuhbeck gefoppt: Ob Niedrigtemperaturgaren oder Trendobst, Fleur de Sel oder Zitronengras – anregend bodenständig kommen seine Dönnekes daher, die er mit kölschem Dialekt würzt wie mit „bisschen watt’ Pfeffer aus der Mühle“.

Das Publikum hängt dabei an Lichters mit markantem Schnauzer geschürzten Lippen und genießt seine Worte wie literweise Schlagsahne: Dem Mann ist eine Ausstrahlung gegeben, deren echte Heiterkeit einen ohne Umwege mitten ins Herz trifft. Lichter durchdringt mit seiner Jovialität jede Mattscheibe, doch live ist er unschlagbar: Mögen auch über 2000 Gäste anwesend sein – man hat das Gefühl, als lache einen dieser Mensch mit seinem lustigen, von einer tiefen Selbstironie durchdrungenen und daher wissenden Blick persönlich an.

Zum Schluss einer gut zweistündigen Bühnenshow erzählt Lichter anrührend seinen Traum von einer ehrlicheren Welt, in der keine Tiere aus allzu fernen Ländern in die Pfanne und kein „Gemüse mit Adelstitel“ in den Topf kommen. Sondern nur ein paar „Kartöffelschen mit ein wenig Phantasie“. Darüber lohnt es sich nachzudenken.

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