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Mit dem Sprachforscher unterwegs

MAINZ (16. September 2019). Manchen Kollegen würde man dick ins Stammbuch schreiben, er oder sie solle doch bitteschön endlich mal mit dem Programm anfangen. Doch der thematische Ausfallschritt, den Konrad Beikircher da am Anfang seines Unterhaus-Gastspiels macht, ist derart persönlich und ortsbezogen, dass man gebannt an seinen Lippen hängt.

Es geht nämlich um genau diese Kleinkunst-Katakombe, die dem ins Rheinland eimigrierten Südtiroler noch immer einen Schauer der Ehrfurcht über den Rücken jagt. Und um einen guten Freund von ihm: den 2005 verstorbenen Hanns-Dieter Hüsch. Mit ihm habe er lange darüber sinniert, warum es keinen Schutzpatron der Kleinkünstler gebe und wer dafür wohl in Frage käme. Hüsch habe schließlich den Heiligen Vitus vorgeschlagen, der von Katholiken unter anderem bei Inkontinenz angerufen würde. Ikone könne daher nur das berühmte „Manneken Pis“ sein – 1619 geschaffen vom Brüsseler Bildhauer Jérôme Duquesnoy.

Das war vor 400 Jahren. Und „gefühlt“ ist Konrad Beikircher nun schon genauso lange als Kabarettist unterwegs – Zeit also, ein Programm mit eigenen Lieblingsnummern zu spielen. Sein Steckenpferd ist nach wie vor die Sprache mit ihren dialektalen Ausprägungen. Und natürlich das Rheinische: Am 19. Oktober 1965 schlug der Südländer hier seine Zelte auf. Und blieb.

Mittlerweile hat er sich sprachlich vollkommen assimiliert, warnt jedoch davor, Dialekte nachzumachen. Das gehe eigentlich immer schief. Bei ihm jedoch funktioniert die sprachliche Chimäre: „Wo sie grad‘ sagen …“ beginnt er so manche Abschweifung und der Singsang der Mundart des Rheinlands, das in den Augen Beikirchers ja bis Mainz reicht („Aber hinter Laubenheim ist Schluss!“), klingt ohrenschmeichelnd und seltsam vertraut.

Eine gewisse Aufsässigkeit und Renitenz gegen jedwede Obrigkeit vereine ja die „rheinischen Antipoden Mainz und den Raum Köln-Düsseldorf“, weiß der Kabarettist, der sich durch seine Sprachforschung schon früh als veritabler Volkskundler erwiesen hat. Der Karneval lasse grüßen. Wer im Rheinland aus dem Haus trete, erlebe automatisch Geschichten. Auch Beikircher hört genau hin.

Das, was er daraus für die Bühne destilliert, ist freilich schwer in Worte zu fassen. Mit einer Ausnahme: Als er davon erzählt, wie ihn ein schwäbischer Professor gefragt habe, ob im Rheinischen das g immer als j ausgesprochen werde, weiß der Wahl-Bonner: Mitnichten – mal sei es ein j, mal ein ch, mal ein sch oder sogar ein r. Als Beispiel führt Beikircher das Wort Segelflugzeug-Waage an: „Sejelfluchzeusch-Waare“ heiße das im Köln-Bonner Raum. Selten war Etymologie derart unterhaltsam.

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