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Abendfüllend ohne Inhalt

MAINZ (26. November 2016). Das Komödiantische scheint in der Familie Mittermeier in den Genen zu liegen: Der bekanntere der beiden Brüder Michael und Alfred ist ersterer, der jüngere mit höherer Bildschirmpräsenz und dem Talent zur spontanen Stand-up-Comedy. Alfred hingegen ist der politischere Kabarettist, der sich mit seinem aktuellen Solo, dem fünften, buchstäblich ans „Ausmisten“ machen will.

Im ausverkauften kleinen Unterhaus trifft er auf ein bestens gelauntes Publikum, das er in gediegener Reimform begrüßt. Doch bevor der Vortrag ins Büttenhafte abgleitet, schaltet der Mime blitzschnell um und schafft den nahtlosen Übergang – sehr zum Gefallen seiner „130 Chefs“, die ihm da gegenübersitzen: „Ich habe hier einen Zeitarbeitsvertrag bis 22 Uhr“, verspricht er lasziv lächelnd einen „One-Night-Stand: Man trifft sich, hat ein bisschen Spaß miteinander und trennt sich wieder“.

Womit der Bayer ebendiesen Spaß erzeugen will, ist jedoch nicht allzu leicht zu fassen. Der Anfang beginnt im Garten Eden, wo paradiesische Umstände herrschen: „50 Prozent Frauenquote, heimnaher Arbeitsplatz.“ Doch dann kommt die Schlange, die Mittermeier seltsamerweise mit Sahra Wagenknecht gleichsetzt, und aus ist’s mit dem Paradies: „Und weil das immer mehr verwilderte, schuf Gott Polen und Rumänen als billige Arbeitskräfte.“

Allzu wohlfeil ist hier jedoch eher das Klischee, mit dem der Kabarettist nun immer mehr spielt. Irgendwie bekommt er den Dreh zu den Chinesen: „150 Zentimeter und von oben bis unten gelb – wenn die den Mund aufmachen, will man da die Post einwerfen.“ Der Ausflug zum (natürlich Hunde und Katzen essenden) Asiaten ist nur ein rascher Sprung – allerdings einer von zu vielen, was die Struktur des Programms ständig unterminiert.

Dem Bayern geht es beim „Ausmisten“ dann doch um die Staatsschelte. Und die kleidet er in den Wunsch nach einem Alpenstaat, also einem „Baxit“, wozu es natürlich eine eigene Verfassung braucht. Und in der steht nicht „Die Würde des Menschen ist unantastbar, denn ‚würde‘ ist Konjunktiv.“ Der EU wirft Mittermeier anhand ertrinkender Flüchtlinge Unmenschlichkeit vor und den rechten Nationalisten ein seltsames Selbstverständnis in einer globalen Welt.

Ja, man mag vielem zustimmen, was man da hört. Doch wirkt alles irgendwie zu beliebig, aus dem großen Themenkorb gepflückt und irgendwie zum Programm zusammengeschustert. Mancher Satz hat Schwergewicht, anderes erscheint wahllos hingeworfen. Und so bleibt ein „Gag“ fatalerweise gänzlich unkommentiert: Trump sei 70 und habe „nur“ elf Beschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs – so was schaffe ein Marokkaner doch in einer Silvesternacht. Was einem der Dichter damit sagen wollte? Hoffentlich nichts.

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