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Weniger Lametta geht nicht

MAINZ (22. Dezember 2017). Es ist die Zeit der Jahresrückblicke, auch auf den Kleinkunstbühnen. Und natürlich wird hier Weihnachten gefeiert – mit satirischem Seitenhieb auf den Konsumrausch und lakonischen Randbemerkungen zum letztendlich ungehört verhallten Wunsch nach Friede auf Erden.

Andreas Rebers hat ein spezielles Programm für die Tage vor Heiligabend: „Weihnachten mit Onkel Andi“. Allerdings wird nur hin und wieder an das Fest der Feste angeknüpft – ein Spiegelbild dieser Tage, die ja scheinbar nur noch entfernt etwas mit der Geburt des Heilands zu tun haben?

Natürlich will der kleine Neffe, dem Rebers herrlich piepsig seine Stimme leiht, ein Geschenk, doch Onkel Andi liest ihm lieber Gedichte vor: vom Zwackelschaf, das nicht mit dem Hintern wackeln darf. Oder von der kleinen Tine, die sich wundert, dass die Tierwelt in die des Konsums hineingaloppiert ist und ihr Dasein nunmehr als Tiger im Tank eines Jaguars oder Wildkatze in Turnschuhform fristet, während das Kind sich fragt, welcher Gattung eigentlich ein Adidas angehört. Skurrile Verse, die Rebers da rezitiert – und ein Weihnachtsgeschenk für alle Sprachverliebten mit dem Sinn für den doppelten Boden.

Der niedersächsische Wahl-Münchner segnete die Kleinkunstwelt zuletzt mit seinen Programmen als „Reverend Rebers“ und „Blockwart Gottes“; an diesem Abend spricht er das „Wort zum Advent“, für das er spöttisch die TV-Pastorin Oda-Gebbine Holze-Stäblein parodiert – und mit ihr sogleich die christliche Botschaft vom Fest der Liebe. Für ihn riecht die Welt derzeit eher nach „verbrannter Wurst und erbrochenem Glühwein“, Beschneidung klingt für ihn wie Bescherung – Rebers ist nicht unbedingt etwas für ein zartbesaitetes Publikum und will, so beteuert er am Anfang, kein Öl ins Feuer gießen: „Zünden wir die Kirche im Dorf an.“

Am meisten überzeugt der Kabarettist an diesem Abend als Fliesenleger Günter König: Hier zeigt sich Rebers als feinfühliger Mime, der sich voll und ganz in seine Rolle findet, wenn er neugierig die aufgehängte Socke inspiziert und von ihrer Leere zutiefst enttäuscht ist: „Ich habe alles“, sagt der Handwerker: Arbeit und Wohnung. Doch nachdem Vater und Mutter gestorben sind, ist König allein. Plötzlich ist es totenstill im Unterhaus. Rebers kann glänzend mit der Stimmung jonglieren und schreibt seinem Fliesenleger einen furiosen Abgang: „Ich habe immer SPD gewählt – nur diesmal nicht. Aber ich bin doch kein Nazi und lasse keine Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken. Ich kann doch selbst nicht schwimmen.“ Bissiger hat man selten „Fröhliche Weihnachten“ gewünscht bekommen.

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