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Vor dieser Signora hätte selbst der Pate Angst

SAULHEIM (3. November 2018). Der Bühnenpartner ist bereits da, das matte Scheinwerferlicht taucht seine weißen Tasten in kühles Blau. Doch das Akkordeon wird an diesem Abend nicht die Hauptrolle spielen, denn sie ist für Carmela De Feo reserviert: „La Signora“.

Barock anmutende Fanfaren kündigen die Oberhausenerin mit italienischen Wurzeln an und mit forschem Schritt erklimmt sie die Saulheimer „Kleine Kunstbühne“. Zum Glück ist „La Signora“ heute in einer Kulturmetropole, erkennt das Gemäuer rasch wieder – De Feo gastiert hier bereits zum zweiten Mal. Doch ansonsten müsse sie eben auch woanders auftreten – meist in der Provinz.

Die Kabarettistin hat an diesem Abend die Lacher auf ihrer Seite. Das Programm heißt „Die Schablone, in der ich wohne“ und beschreibt das harte Leben als Showgirl. Sie habe sich keinesfalls für den Erfolg prostituiert, betont De Feo. Aus Mangel an Gelegenheit? Es war eher die fehlende Bereitschaft des Gegenübers: „Sogar die Milben haben auf der Matratze einen Bogen um mich gemacht“, grient sie ins Auditorium und lässt sogleich ein herrliches Bonmot vom Stapel: „Man kann sich auch mit Talent hochschlafen – aber ohne geht’s besser.“

Was den mangelnden Erfolg beim erotischen Matratzenhorchen erklären dürfte, denn talentiert ist De Feo allemal und begeistert als Kabarettistin ebenso wie als Musikern: Am Akkordeon glänzte sie schon in jungen Jahren als Ensemblemitglied und Solistin, konnte zahlreiche Wettbewerbe für sich gewinnen und studierte das Instrument an der Folkwang Hochschule in Essen. Manches aber hat man als Südländerin eben im Blut und Carmela De Feo entwickelte nebenher ihre kabarettistische Bühnenfigur „La Signora“, mit der sie seit 2006 erfolgreich die deutschsprachigen Kleinkunstbühnen bespielt. Von Anfang an hagelte es hier denn auch regelmäßig Comedy-Preise.

Doch das Leben als Star ist anstrengend und „La Signora“ immer unterwegs. Sie berauscht sich an den Abgasen der Blechlawinen, die sie auf die Melodie von Adriano Celentanos „Azzuro“ besingt: Der Motor läuft auch in der Garage weiter und Feinstaub ist für sie ein leckerer Pizzabelag. Auf den Autobahnen der Republik reiht sie sich zur Musik „der neuen CD von Sanifair“ in die Phalanx männlicher Randstreifenpinkler ein und droht, als „Jeanne d’Arc der Prostata“ den Schwarzwald zu benetzen – Ruin durch Urin.

Was hier natürlich auf der Strecke bleibt, ist die Hausarbeit. Und wie schaffen das die Saulheimerinnen? De Feo pickt sich einzelne Zuschauer heraus, die dann auch prompt Auskunft geben: Die eine saugt erst, wenn’s nötig ist, die andere immer nur „untenrum“, die dritte hat den Wohnungsputz gar outgesourct – „Ach, Prinzesschen lässt putzen!?“ Ein geschickter Kniff, denn die, die „verschont“ bleiben, amüsieren sich natürlich umso lebhafter und so gehen der Spott der Künstlerin und die Schadenfreude des Publikums Hand in Hand.

Ein solches Leben härtet ab und Carmela De Feo, die in ihrem hochgeschlossenen schwarzen Outfit mit Silberbrosche, Dutt und Haarnetz ohnehin schon aussieht wie eine mediterrane Matrone, kann so finster gucken, dass sich selbst Marlon Brando als Pate vor Angst in die Hose gemacht hätte. Doch genauso schnell ist „La Signora“ auch wieder „La Mamma“ und umarmt ihr Publikum gleichsam mit komödiantischem Mutterwitz aus dem Ruhrpott. Auf dieser kuriosen Achterbahn vergeht der Abend wie im Flug.

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