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Der Deutsche Kleinkuntspreis 2022 geht an ...

Nachdem der Deutsche Kleinkunstpreis in diesem Jahr nur vor handverlesenem Publikum vergeben werden konnte, hofft man bei den Verantwortlichen im Unterhaus und bei 3sat, dass man die Preisverleihung im kommenden Jahr wieder mit mehr Gästen erleben kann. Dann feiert die begehrte Auszeichnung auch ein Jubiläum: Sie wird zum 50. Mal verliehen. 1972 war Hanns Dieter Hüsch erster Preisträger, seit 1974 gibt es drei verschiedene Kategorien, 1976 kamen der Förderpreis der Stadt Mainz und 2008 der Ehrenpreis des Landes Rheinland-Pfalz dazu. Im vergangenen Jahr wurde der Preis erstmals auch in der Sparte Stand up verliehen.

Jüngst tagte die Fachjury mit Mitgliedern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hybrid in Mainz und kürte die Preisträger 2022: Josef Hader (Kabarett), Katie Freudenschuss (Musik/Lied/Chanson), Carmela de Feo (Kleinkunst) sowie Till Reiners (Stand up). Den Förderpreis der Stadt Mainz erhält Tino Bomelino, den Ehrenpreis des Landes Rheinland-Pfalz Thomas Freitag. Jeder Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.

Welche Namen in der Jury sonst besprochen werden, bleibt geheim. Verraten werden kann aber, dass die Juroren immer wieder zahlreiche Künstlerinnen und Künstler nominieren, was dann lebendig diskutiert wird. Bereits das dokumentiert die vitale Dynamik der deutschsprachigen Kabarett- und Kleinkunstszene. Gerade wenn es um den Förderpreis geht, werden stets überraschend viele neue Talente genannt, deren Entwicklung dann künftig umso interessierter verfolgt wird. Die Jury macht es sich dabei nicht leicht: Runde für Runde wird abgestimmt bis der Preisträger feststeht. Dann klingeln die Telefone. Nimmt der oder die Ausgezeichnete den Preis an, gilt es nur noch eine Bedingung zu erfüllen: Er oder sie muss laut Statuten bei der Übergabe persönlich anwesend sein und auch auftreten. Aber alle wollten. Und werden.

Die Begründungen der Jury im Einzelnen:

Josef Hader ist für sie „einer der ganz Großen des deutschen Kabaretts“; in seinem neuen Programm „Hader on Ice“ erschaffe er „in überwältigender Darstellung einen erbarmenswert zynischen und von zügelloser Hybris beseelten, verkommenen wie verlorenen Charakter, der sich für einen Weltverbesserer hält, obwohl er vieles von dem verkörpert, woran es krankt“.

Katie Freudenschuss vereint für die Jury „unnachahmlich feine Beobachtungsgabe, Schlagfertigkeit und Humor mit großer Stimme und musikalischer Vielfalt“: Nichts Menschliches sei ihr zu fremd, ihre Improvisationen seien blitzschnell und urkomisch, ihre poetisch-absurden Musikgeschichten „Glücksbringer in einer ungeheuer komplizierten Welt“.

Carmela de Feo tritt als schwarz gekleidete „La Signora“ auf und verknüpft für die Jury mit zuweilen gleichfarbigem Humor charmant ihre italienische Abstammung mit dem Ruhrpott, wobei sie genauso beherzt zulange wie in die Tastatur ihres Akkordeons.

Über Till Reiners heißt es, er verkörpere den modernen Humor einer jungen, großstädtischen Bevölkerung, der die kleinen Unzulänglichkeiten ihres chaotischen Lebens gleich wichtig seien wie die großen Themen: Mit selbstironischer Arroganz blicke Reiners auf sich und seine Mitmenschen, filtere pointiert Absurditäten heraus und verknüpfe sie zu krachend komischen Geschichten.

Tino Bomelino ist für die Juroren schlicht „ein kreatives Kraftwerk“: Mit seinen wunderbar absurden Texten und Wortspielen, seinen pointierten Zeichnungen und Musikeinlagen sei er immer überraschend, tiefsinnig und vor allem sehr komisch – „ein Glücksfall in der deutschen Comedyszene“.

Mit Thomas Freitag zeichnet die Jury schließlich einen Künstler aus, der seit 45 Jahren deutsche Kabarettgeschichte schreibe und mit seinen mittlerweile 18 Programmen vier Regierungen satirisch in die Knie gezwungen habe: „Früher schaute er sich als einer der genialsten Politikerparodisten die Republik im Spiegel der Satire an und wechselte dann als gelernter Schauspieler erfolgreich in die Rolle des Darstellers höchst intelligenter Ein-Personen-Theaterstücke. Hierbei brach er diverse Lanzen für die Kultur und bewies zuletzt, wie laut sein Herz für ein auch innerlich geeintes Europa schlägt.“

Geplant ist, dass der Deutsche Kleinkunstpreis am 6. März im Frankfurter Hof verliehen wird. Die TV-Aufzeichnung, die dann etwa eine Woche später bei 3sat und danach in der Mediathek zu sehen ist, soll dann wie in den Vorjahren auch von Urban Priol moderiert werden, der den Preis in der Sparte Kabarett bereits 2000 erhielt.

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