Ein Leben im Konjunktiv
MAINZ – „Man müsste mal…“ lautet der Titel des aktuellen Programms des österreichischen Kabarettisten Severin Groebner und fasst möchte man ihm zurufen: „…auf den Punkt kommen.“ Reichlich Anlauf braucht der Mime – doch dann glückt ihm ein guter Sprung und tatsächlich die gewünschte Punktlandung.
Allerdings ist das Mainzer Unterhaus-Publikum auch durch klassisches Nummernkabarett verwöhnt, so dass das zu Beginn etwas sperrig wirkende Ein-Personen-Stück, das Groebner da auf die Bühne zaubert, schon eine Herausforderung ist, zumal der Weg das Ziel zu sein scheint: Als Comedian mit den Attributen verzagt, einsam und verschuldet hat er den gut dotierten Job bei einer weltweit übertragenen Gala ergattert und wartet nun vom Lampenfieber geschüttelt auf seinen Auftritt. Er darf, soll, ja muss Österreich repräsentieren: „Nicht mehr Deutschland, noch nicht Ungarn und leider auch nicht Italien.“
Dermaßen selbstsicher nutzt er die Zeit bis zum Auftritt, um „hinterm Vorhang“ mit seinem Mainzer Publikum über das Leben zu sinnieren. Am Dasein verzweifelt knüpft er an den roten Faden des Wartens skurrile Geschichten, die aufhorchen lassen: Wie er sich den kometenhaften Aufstieg in die Welt der Schönen und Reichen vorstellt und dabei in ehrlicher Selbstreflexion gleich wieder verwirft, hat absolute Klasse: „Ich schau‘ in den Spiegel und kotze mich an – das hält schlank.“
Auch in seiner Vergangenheit findet sich manch bizarrer Moment: Als Mitglied der Organisation „Komiker ohne Grenzen“ wollte er die belebende Wirkung des Humors in Krisengebiete bringen: „Wir haben Todeskandidaten auf dem elektrischen Stuhl angeboten, rasch noch den Stromanbieter zu wechseln – da sprang der Funke gleich über“, ätzt Groebner und singt dann das Lied von der „Burka für den Mann“, so dass man amüsiert zusammenzuckt und pikiert lächeln muss.
Nachdem ihm jedoch der deutsche Kollege in der Mega-Show die Pointe geklaut hat, zerbirst das brüchige Selbstbewusstsein des Künstlers. Und nachdem auch Plan B scheitert, wünscht sich der Utopist in die Realität zurück: statt großer Halle lieber eine Kleinkunstbühne wie im Unterhaus, statt blasierte und geldschwere Zuhörer dann doch ein Publikum wie in Mainz. Vielleicht hat Severin Groebner an diesem Abend nicht immer den rechten Ton getroffen und so manche Dissonanz oder zu lange Fermate im Nonsens trübte die Harmonie – der Schlussakkord jedoch bringt alles wieder ins Lot und das Stück endet in Dur.