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Flaschen auf der Bühne

Quintett, die Wer träumt nicht davon, sich eine Kiste Bier oder Wein zu kaufen und das dann von der Steuer absetzen zu können? Für die Mitglieder des „GlasBlasSing-Quintetts“ dürfte das kein Problem sein, denn Pullen gehören für sie zu den Arbeitsmitteln wie für andere Kugelschreiber oder Druckerpapier.

Jan und Andreas Lubert, David Möhring, Jens Tangermann und Frank Wegner sind die genialen Köpfe der hochmusikalischen Combo, die mit gespitzten Lippen glasklare Töne erzeugen und Daumen aus kleinen und großen Flaschenhälsen ploppen lassen. Aus einer ganzen Batterie von Behältnissen wird ein Drum-Set und tolle Stimmen machen das Ganze zu einem Gesamtkunstwerk, dessen Fangemeinde rasant wächst.

Warum? Weil die Idee so genial ist? Weil die Protagonisten so talentiert wie sympathisch sind? Weil die Musik einfach richtig groovt, wenn man sie statt mit einer gängigen Band zu spielen auf Flaschen bläst? Wohl alles trifft auf das „GlasBlasSing-Quintett“ zu. Vor ausverkauftem Unterhaus stellten sie jetzt ihr aktuelles und bereits drittes Programm vor: „Männer, Flaschen, Sensationen“.

Und in der Tat: Da stehen Flaschen auf der Bühne. Viele. In Kisten und Kästen, auf Brettern, in eigens konstruierten Halterungen. Sogar eigene Instrumente hat man aus mancher Buddel gebaut. Fast alle sind verschieden voll mit Wasser befüllt. Und alle sind, so versichern es die fünf Bläser, persönlich ausgetrunken – was bei der riesigen und zur Base-Drum umfunktionierten Wasserspender-Gallone durchaus in Arbeit ausarten dürfte. Das Bühnentreiben aber wirkt bei größter Professionalität locker und leicht.

Die eigenen Songs drehen sich um ein weites Themenspektrum: Vom Glück eines eigenen Parkplatzes über Nasenpiercing-Girls mit Chrompopel über das Unvermögen mancher Mitmenschen und den Stau bis hin zu den Dingen des Lebens. Hin und wieder kommt ein nicht gläsernes Instrument wie die Ukulele zum Einsatz, mal peppt ein Looper den Song auf, doch alles ist handgemacht und mundgeblasen.

Grandios sind die „Cover-Versionen“, die das „GlasBlasSing-Quintett“ aus allen Winkeln der Musikgeschichte hervorzaubert: Da klöppelt Möhring rasant den „Säbeltanz“ von Aram Chatschaturjan auf dem aus zahlreichen Jägermeister-Fläschchen bestehenden „Flachmanninoff“ und Wegner bläst dazu auf der „Jelzin-Orgel“. Man hört „Take five“, ein Queen-Medley, den mit „I need a bottle“ leicht abgewandelten Aloe Blacc-Hit „I need a dollar“ oder Elvis Presleys „A Little Les Conversation“. Musiziert wird mit Bouteillen, Rasseln, Kronkorken und sogar Drucksprühflaschen, die, wie die Künstler befremdet monieren, von manchen sogar zur Pflanzenpflege eingesetzt würden.

Originell und original, kreativ und kunstvoll – diese Männer hängen an der Flasche. Glasklar und hochvirtuos blasen sie dem begeisterten Publikum den Marsch. Dass sie über ihr Leergut den Überblick behalten und hier stets den richtigen Ton treffen, ist eine weitere großartige Leistung über die Musik hinaus. „Durch dieses Land muss ein Schluck gehen“, lautet ihr Motto. Selten wurde eine Devise flüssiger formuliert und umgesetzt.

Weitere Informationen und Termine gibt es im Internet unter http://www.glasblassing.de.

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