Der Verstand legt die Füße hoch
MAINZ – Der Titel von Helge Schneiders aktuellem Programm passt in die Zeit der Krise: „Komm, hier haste ‘ne Mark“ möchte man gerne auch mal einem Investmentbanker zuraunen, der seine Brötchen nunmehr als abgerissener Clochard abseits des Börsenparketts verdient. Einen tieferen Sinn gibt es natürlich nicht – alles andere wäre bei Schneider auch eine Überraschung.
Wie gewohnt präsentiert sich der Vollblut-Komiker als Enfant terrible des Geistes. Für seine Shows ist es ratsam, den Intellekt in Urlaub zu schicken und den Verstand die Füße hoch legen zu lassen. „Neues vom popowackelnden Kakadu der deutschen Popmusik“ lautet der Untertitel und rechtfertigt die Absage an den Anspruch: Da Helge Schneider alles machen kann, um seine Fans zum Lachen zu bringen, bedeutet das auch, dass er fast nichts machen muss, um den gleichen Effekt zu erreichen.
Das musikalische Multitalent spielt Saxophon, Gitarre, Klavier und begnadet gut Vibraphon. Die unbestritten hohe Qualität seiner Darbietungen aber verbannt der Komiker im aktuellen Programm ein bisschen zu sehr in den Hintergrund und über weite Strecken legt sich nonstop Nonsens wie Mehltau, fehlt die gewohnt anarchische Kurzweil. Schneiders Bühnenpräsenz ist allerdings auch unberechenbar, was letztendlich ihren Reiz ausmacht: Purer Unsinn und Schabernack stehen humoriger Finesse gegenüber und man kommt nicht umhin, ihn letztendlich als Gesamtkunstwerk aus Mimik, Gestik, Wort und Musik zu sehen – auch oder gerade wenn er ein Aufstoßen schlicht mit „Frikadelle aus Neuss vom 12. Januar“ entschuldigt.
Der Sänger von „Fitze Fatze“ aber ist nicht der einzige „Star“ des Abends: Neben seiner Band „Die Drops“ ist es auch dieses Bühnenpersonal „zur besonderen Verwendung“, das der Show mitunter ihren pikanten Gout verleiht. Bodo Osterling, livriert und mit Mozart-Zopf, bringt Schneider als serviler Domestik wohlschmeckenden japanischen Holztee („Schmeckt nach Laminat!“) und der legendäre Sergej Gleithmann alias Volker Bertzky führt als agiler Greis unglaublich gelenkig Gymnastik vor oder will die menschliche Kanonenkugel geben, strandet aber dank Fehlzündung wortwörtlich als humaner Rohrkrepierer. Für die einen mag solche Kasperei der Bankrott der menschlichen Vernunft sein. Die anderen hingegen amüsieren sich prächtig – und waren an diesem Abend eindeutig in der Überzahl.