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Kraftlose Epistel

MAINZ (10. Februar 2020). Kabarettistische Fastenpredigten sind wie satirische Jahresrückblicke Saisonware. Daher spielt Holger Paetz sein Programm „Fürchtet Euch!“ nur von Februar bis Ostern, womit sein Gastspiel in der Domstadt mitten im Karneval natürlich bestens terminiert war. Und „Pater Paetz“ freute sich über die gerade mal 20 Unterhaus-Besucher: „So viele in einem normalen Gottesdienst wären eine Sensation.“

Der Bayer hat sich für sein Programm in Schale geworfen, die Soutane unterstreicht den drohenden Blick, den er auf Zeitgeschehen, Politik und Gesellschaft lenkt. Das Kollar, jener kleine, weiße Stehkragen, ist laut Paetz „das letzte Stück weiße Weste“, was den realen Kollegen geblieben sei – an scharfer Formulierung lässt es der Kabarettist nicht fehlen.

Aber es dauert in Mainz, bis der Funke mal daran denkt, überzuspringen. Das mag am kleinen Auditorium liegen – oder auch am recht sprunghaften Vortrag zwischen gut Gereimtem und Abgefeimtem. So entlocken auch knackige Pointen und gelungene Vergleiche dem Publikum weder Szenenapplaus noch lautes Lachen – zuweilen scheint Pater Paetz den sprichwörtlichen Steinen zu predigen.

Eine gute Kanzelrede fesselt, was mit „Fürchtet Euch!“ über längere Strecken leider kaum gelingt. Dabei hätten Paetz‘ Ideen durchaus das Zeug für eine donnernde Epistel: Raffiniert legt er dem Christsozialen Scheuer beim Thema Tempolimit das Abwägen zwischen 80 Verkehrstoten jährlich weniger und dem dafür geschrumpften Fahrspaß in den Mund. Die von Juso-Chef Kevin Kühnert geforderte Enteignung der Großindustrie sei vom gleichen Verkehrsminister entschieden zurückgewiesen worden, der das Verfahren bei Privatleuten jedoch nicht scheue, wenn es um Straßen gehe – noch so eine Ungereimtheit, die Paetz genüsslich zum Sündenregister der Politik addiert.

Stoff für eine Fastenpredigt hat er also eigentlich genug. Doch dient das Gerüst nur als Fassade, ist eher ein Abarbeiten von Themen als deren tiefergehende Exegese. Vortrag, Mimik und Gestik stimmen durchaus, doch im Gedächtnis bleibt mehr das eifrige Ereifern von Holger Paetz und weniger eine Botschaft.

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