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Endgültige Antworten

MAINZ (1. April 2011). „Wir stehen selbst enttäuscht und seh‘n betroffen / den Vorhang zu und alle Fragen offen“, heißt es in Berthold Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“. Ganz anders verhält es sich beim Kabarettisten Horst Schroth, der jetzt im Unterhaus sein Best of-Programm „Wenn Frauen fragen“ präsentierte: Von Betroffenheit oder Enttäuschung keine Spur – und offene Fragen gab es nach dieser zweistündigen, intensiv erlebten Paar-Therapie auch keine mehr.

Dabei ist diese Mann-Frau-Kiste zuweilen ein äußerst dünnes Eis, in das derjenige rasch einbricht, der mit dumpfem Witz in großen Schritten darauf herum stakst. Oder aber man wieselt flink über die glatte Kante – und genau das beherrscht Horst Schroth, der trotz seiner 170 Zentimeter zu den Großen auf der Kleinkunstbühne gehört, ganz meisterhaft: Mit einer Bestimmtheit, die keinen Widerspruch duldet, steckt er das Territorium des Mannes großräumig ab. Ein Augenzwinkern fehlt bewusst und fällt dadurch nur umso sicht- und hörbarer auf. So gewinnen selbst platte Pointen an Struktur und der Mann darf sich als gefühlte Krone der Schöpfung auf die Brust trommeln, auch wenn Schroth ihn bewusst einfach daher kommen lässt.

Das Foto auf dem Plakat zum Abend zeigt einen Zigarre rauchenden Schroth über einem Berg von Briefen brüten. Fanpost? Ohne Zweifel ein freudscher Querschläger, auch wenn der Kabarettist diese ohne Zweifel verdient hätte: Es sind die erahnten Ungewissheiten beiderlei Geschlechts, die er mit den besten Nummern aus den vergangenen zehn Jahren zu einer überzeugenden Argumentationskette verleimt.

Was man also schon immer einmal fragen wollte, sich aber nie getraut hat – hier findet man die Antwort: Männer wohnen, während Frauen rödeln. Männer können Schmutz optisch nicht auflösen und leiden unter einer Aussprechsperre, die zwar unterbunden wird, wenn man ein Bier möchte, aber funktioniert, wenn man endlich den Heiratsantrag machen soll.

„100 Jahre Weltfrauentag ist ja eine tolle Sache – aber was hat die Frauenbewegung uns Männern eigentlich gebracht?“, fragt Schroth als Mentalcoach sein Publikum, das er natürlich auch im Best of-Programm in den Abend einbindet. Zwischen Beziehungsgesprächen, aus denen es für den Mann kein Entkommen gibt und der Erkenntnis: „Ehe bedeutet, dass die Frau nicht mehr weg geht“, spielt der zweifache Kleinkunstpreisträger munter mit den gängigen Klischees und outet sich dabei als gefühlvoller Frauenversteher.

Das, was Horst Schroth dabei wohltuend von Kollegen seiner Zunft unterscheidet, die sich ebenfalls dem ewigen Kampf der Geschlechter widmen, ist die Noblesse, mit der er dies tut – und hier sind der elegante Zwirn und der Longfiller, der schon mal zum Ende eines Programms entzündet wird, nur die äußeren Insignien: Horst Schroth ist ein Connaisseur, der weiß, dass Gags von derart bemerkenswerter Selbstironie in seinen Programmen genauso gut gelagert sind wie edle Zigarren im Klimaschrank; zur rechten Zeit platziert kann er sie genau so goutieren wie sein Publikum, das weiß: Ein Abend mit Horst Schroth – und alle Fragen entschweben wie der aromatische Rauch einer Zigarre ins Nirgendwo.

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