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Wie war das noch gleich mit dem Fisch und dem Kopf?

MAINZ (8. Oktober 2019). Jan-Peter Petersen, der Hamburger Kabarettist aus dem „Moinland“ zu Besuch im Mainzer „Gud’n Ammdland“, bringt das Dilemma, wie die AfD hierzulande Ängste schürt, mit einem Witz auf den Punkt: Ein Banker, ein Bürger aus der Mittelschicht und ein Flüchtling haben 20 Kekse vor sich. Der Banker nimmt sich 19 davon und sagt zum Deutschen: „Vorsicht, der Flüchtling will Dir Deinen Keks klauen.“

Wenn es doch nur auf diesem Niveau geblieben wäre, hätte das Nordlicht den Abend über weit(er) gestrahlt. Doch schwindet seine Leuchtkraft rapide zur Funzel, das Publikum spendet eher Höflichkeitsapplaus, die wenigen Lacher kann man an einer Hand abzählen.

Der 61-jährige Petersen beginnt in seinem ersten Solo-Programm „Hamburger Jung – Leben zwischen Fisch und Kopf“ bei seiner Geburt. Die geht gleich mit einer Zwangsräumung aus der wohligen Wärme des Mutterbauchs einher. Auf das fötale Sinnieren folgt die Kindheit – ein im Krieg zerbombtes Haus macht ihn zum Pazifisten.

In seiner Jugend wird er links, klebt einen Pflasterstein an die Scheiben der Deutschen Bank und schreibt darunter: „Nächstes Mal komme ich rein.“ Die politische Genese führt ihn zu den Grünen, was er mit einer derart peinlichen, weil vor Klischee triefenden Dialogskizze eines Parteitags darstellt, dass man einen Gehörsturz herbeisehnt.

Sind Demos nur „Butterfahrten mit guter Absicht“? Und alle Hamburger Kaufleute korrupte Charaktere, die ihr Gegenüber über den Tisch ziehen? Und warum kommt für Petersen der Nazi natürlich aus Chemnitz, sächselt und heißt Olaf? Solche Vorurteile haben eine scharfe Klinge, doch trennen sie leider die Aussage nicht merklich vom Gesagten. Eine ironische Distanz oder Brechung bleibt aus, das Auditorium quittiert es über weite Strecken mit betretenem Schweigen.

Das Mitgefühl gehört jedoch nicht dem derart scheiternden Künstler, sondern Jana aus der ersten Reihe, die Petersen immer wieder und damit über Gebühr anspricht und vor allem an ihrer Reaktion nicht merkt, dass der Witz mit jedem Mal an Kraft verliert. Im Internet verspricht Petersen „Norddeutsches Spitzenkabarett“. Doch diese Vorstellung erinnert eher an eine Biografie, in der man zunehmend lustlos blättert, sich vielleicht noch durch ein, zwei Kapitel quält und sie dann entnervt aus der Hand legt.

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