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Amüsanter Ritt durch die Kunstgeschichte

MAINZ (25. März 2015). Besser hätte Jürgen Beckers Unterhaus-Gastspiel gar nicht terminiert sein können: Während sich in Mainz der Verband Deutscher Kunsthistoriker mit dem Thema „Wert der Kunst“ auseinandersetzt, beschäftigt sich der Kölner Kabarettist mit dem Genre an sich.

„Der Künstler ist anwesend“, heißt das aktuelle Programm. Und es ist ein köstlicher Genuss: für das Ohr, das Auge und den Geist sowieso. Denn Becker ist ein begnadeter Vortragskünstler, der lange vor Sience-Comedy à la Vince Ebert tiefgründige Themen ansprechend und hochamüsant aufbereitet hat.

Nun also die Kunst. Natürlich nutzt Becker das Thema, um ein paar Spitzen loszuwerden. Auf Vernissagen gehe es in erster Linie ums Essen und Trinken: „Um Fressen und Sekt, deswegen spricht man in der Kunst von Fresco und Secco.“ Mit diesen abstrusen Schlussfolgerungen ist der gut zweistündige Vortrag gespickt. Man sollte Galleristen nie fragen, ob sie ein zur braunen Couch passendes Gemälde haben, vom Kunstkatalog-Lesen absehen – natürlich trägt Becker eine absurd gestelzte Installation-Beschreibung vor – und überhaupt lieber den Mund halten, wenn man keine Ahnung hat.

Becker aber hat Ahnung: Ein Kunststudium kann er nicht vorweisen, aber er arbeitete als Drucker und Grafiker, unter anderem in der Werbung für „4711“: „Mit Tosca kommt die Zärtlichkeit – das ist von mir“, wirft er sich selbstironisch in Pose. Der 55-jährige ist zu klug, um sich wohlfeil über die Kunst lustig zu machen – zu lachen gibt es während dieses wortgewaltigen wie intelligentem Parforceritts durch die Kunstgeschichte trotzdem genug.

Um mit dem Publikum auf Augenhöhe zu kommunizieren, fängt Becker ganz vorne an: bei den Ägyptern, den Griechen, den Römern, zeigt Pyramiden, Tempel, Kirchen, Triumphbögen sowie Säulenkapitelle und erklärt, woher das alles kommt. Das Publikum reist durch die Epochen, erfährt von Kirche und Religion, von Michelangelo und Botticelli. Sie malten und taten damit etwas, was der Islam bis heute verbietet: In kleinen Exkursen touchiert Becker Randgebiete der Kunstgeschichte, zeigt spannende Verbindungen auf und erklärt eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg des Malers Caspar David Friedrich: Er hatte immer schönes Wetter, während andere die Aquarellmalerei entwickelten.

Becker hat faszinierende An- und Einsichten parat. So dient Kunst vor allem der Arterhaltung – was schön sei funktioniere. Deswegen erfreue sich der Mensch an Nofretete und Mona Lisa. Und was ist mit dem Künstler an sich? Hier hält es Becker mit Beuys und hält jeden Menschen für begabt. In Schulprojekten in einem Kölner Problemviertel fand er sich bestätigt – man müsse Talente eben nur entdecken und fördern. Und wenn man vor einem allzu modernen Gemälde stehe, dürfe man eines nicht vergessen: „Auch sein Schöpfer hat Hunger.“

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