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Blühender Zynismus

MAINZ (26. Februar 2018). Wie ernst ist es Lisa Eckhart mit ihrem Plädoyer für den Kannibalismus, den Vorteilen der Leichenschändung oder der Behauptung, Veganer zu essen würde ihnen helfen, sich gleichzeitig als Märtyrer zu fühlen und im Mittelpunkt zu stehen?

Hass ist für sie das wahre Fundament einer funktionierenden Beziehung und das Abgetastetwerden am Sicherheits-Check eines Flughafens der Höhepunkt jeder Tournee. Ihre Erscheinung ist so extravagant wie der Inhalt des Bühnenprogramms und süffisant grinsend lauscht die Österreicherin, seit Kurzem Trägerin des Deutschen Kleinkunstpreises, mit welchem Geknirsche ihre Pointen ins Denkgetriebe des Publikums rieseln.

Eckhart entstammt der Poetry-Slam-Szene, ihren obskuren Gedanken zuzuhören, ist Genuss pur, wenn man nicht allzu zimperlich ist. Der von ihr geschilderte Werdegang kommt einem bekannt vor: Geboren in Österreich, zuerst nach Frankreich gegangen; in der Heimat von Kunstschulen abgelehnt, um dann in Berlin grantig vor großem Publikum zu reden. „Sie lernen nicht dazu“, merkt sie lakonisch an.

„Als ob Sie etwas Besseres zu tun hätten“ lautet der Titel des aktuellen Programms. Hat man zum Glück nicht: Kunstvoll sind Eckharts Sätze geformt, ohne gedrechselt zu wirken; ihr Vortrag ist ausnehmend elegant und mit herablassenden Spott gefärbt, dass es nur so Funken schlägt. Hier arbeitet sich eine am Wahnwitz der Gegenwart ab und nimmt dabei keine Gefangenen.

Mit dem scharfen Skalpell ihres tiefschwarzen Humors kann sie jedes Thema anschneiden: „Religion ist etwas für Fanatiker, die sich nicht zum Veganismus durchringen können.“ Überhaupt die Ernährung: „Stehen Tiere auf Schindlers Liste oder auf dem Einkaufszettel?“ Und wie stehe es um das Miteinander, wenn der Hund als bester Freund des Menschen gelte?

Es geht um Schönheitschirurgie („Fett am Arsch absaugen, um es in die Lippen zu spritzen – so krank war selbst Mengele nicht.“) und um schlechten Sex als Terrorabwehr. Lisa Eckhart sagt über die eigene Rhetorik: „Dagegen wirkt Rilke wie Tourette im Hurenhaus.“ Wer wollte ihr da widersprechen?

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