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Deppen mit Smartphones

MAINZ (17. Mai 2011). Früher umkrallten Mädchen Zigarettenschachtel und Feuerzeug, auch wenn sie eine geräumige Handtasche mit sich führten. Dann zwängte sich noch das Handy in die Umklammerung. Heute führen viele gesundheitsbewusster nur noch ihr Mobiltelefon spazieren – trotz geräumiger Handtasche. Auf dieses Phänomen zielt das Debütprogramm des Wahl-Kölners Markus Barth, den man schon aus Qualitätsgründen keinesfalls mit Kollege Namensvetter Mario verwechseln kann.

„Deppen mit Smartphones“ heißt der Soloabend. Und ihnen widmet sich einer, der einräumt, vom Internet abzuhängen. 90 Minuten lang will er ohne Handy auskommen – Kabarett als Therapie also. Was ihm psychisch helfen mag, ist für das Publikum eine physische Wohltat, denn gelacht wird an diesem Abend herzlich, laut und oft. Dass sich Markus Barth natürlich selber im Netz präsentiert und auch bei Facebook Gesicht zeigt, gibt dem Programm eine gelungen selbstironische Note.

„99 Prozent dessen, was im Internet steht, ist völlig uninteressant“, sagt der Comedian nach intensiver Recherche: „Und das ist noch vorsichtig geschätzt.“ Dafür würden die Handys immer schlauer, wobei ihnen viele Nutzer oft nicht folgen dürften. Überall könne man jetzt sofort alles im Netz nachschlagen. Die Folge sei „das größte Klugscheißerpack seit Tick, Trick und Track“.

Die Alternativen zur Surf-Sucht fielen hingegen spärlich aus: Lesen, Kino und Hund Bärbel? „Sie ist ein Rüde. Aber wir wohnen in Köln, da geht das…“. Besser ist da schon der Vorschlag, im wagemutigen Fahrgeschäft eines Vergnügungsparks zum rechten Zeitpunkt eine mitgebrachte Schraube hochzuhalten.

Ohne Handy geht es offenbar nicht. Im Flugzeug schaue jeder nach der Landung sofort nach Anrufen in Abwesenheit: „Das ist die Penislänge der Neuzeit“, spottet Barth über den Drang nach Selbstbestätigung oder die Kurzmitteilung und ihre schmerzvolle Sprachverstümmelung. „Stellen Sie sich vor, ein Terrorist twittert: Binde mir jetzt den Sprengstoffgürtel um – freu! Stehe jetzt an der Bushaltestelle – gespannt guck!“ Und plötzlich der Zugriff durch die seltsamerweise gut informierte Polizei: „Scheiße, die Bullen – fragend schau…“

Das schöne an Barths Auslassungen ist der oft hohe Wiedererkennungswert. Als die Elterngeneration und ihr Umgang mit der mobilen Kommunikation angesprochen werden, ist das Auditorium ein einziges Glucksen. Radiowerbung, Fernsehspots oder das Geheimnis um „Maria Furtwängler und die Nuance 8.13“ – „Deppen mit Smartphones“ ist ein locker und unangestrengter Parforceritt durch die Flüche unserer Zeit. Ein Update folgt hoffentlich bald.

Markus Barth zum Lesen: „Der Genitiv ist dem Streber sein Sex – und andere Erkenntnisse aus meinem Leben 2.0“; rororo, ISBN 9783499255144

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