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So schee kons Kabarett sei!

MAINZ – Das erste Programm von Martina Schwarzmann stellte die Frage: „Deafs a bissal mehra sein?“. Die Antwort darauf konnte nur verneinend wie bejahend ausfallen „A bissal? Auf keinen Fall, sondern viel, viel mehr!“ Dieser Forderung kommt Martina Schwarzmann jetzt endlich nach und präsentiert derzeit ihr aktuelles Programm „So schee kons Lebn sei“.

Noch immer zeigt Schwarzmann diese Scheu, lächelt selten und schaut schüchtern drein: „Ich allein mit der Gitarre auf dieser Bühne?“, meint man in ihren Augen zu lesen. Doch diese Zurückhaltung ist durchaus ein Markenzeichen, mit dem sie zu punkten versteht. Denn erstens braucht es für einen Abend dieser Extraklasse gar nicht mehr als sie und ihre Gitarre auf dieser Bühne und zweitens hat sie es herrlich faustdick hinter den Ohren! Und die muss man nach wie vor spitzen, denn Martina Schwarzmann macht das oberbayrische Idiom salonfähig.

Nach wie vor geht das Konzept der Beliebigkeit auf, denn auch wenn das Programm sicherlich durchdacht ist, kommt es doch erfrischend locker und wie improvisiert daher. Die Lieder und Geschichten in ihrer Gesamtheit bilden kaleidoskopisch eine Art oberbayrischen Mikrokosmos ab.

Da ist die entbehrungsreichen Kindheit, an die sich Schwarzmann erinnert, wenn heutige Paare sagen, Kinderkriegen sei zu teuer: Ihre Adoleszenz war von Entbehrung geprägt, vom Auftragen des „Gwands“ des Bruders, der es von den Nachbarskindern geerbt hatte. Und doch hatte man Spaß, wenn man den kleinen Bruder foppte und mit den leeren Chipstüten zum Pfandholen schickte

Nicht zu vergessen die wilde Partyspiele: jemanden an den Haaren an den Tisch tackern und ihm mit der bereitgelegten Schere die Möglichkeiten zur Wahl der künftigen Frisur zu geben oder Erdnussflips-Mikado spielen. Es folgen stressige Wellness-Trips in umgebauten Metzgereien, auf deren meditativen Traumreisen in bewaldete Gefilde Schwarzmann schlagartig nur an „Zecken!“ denken kann und schließlich der Besuch auf dem Oktoberfest, wo man chinesischen Touristen gerade erfundene bayrische Traditionen vermittelt – zum Beispiel „das Einreiben des Brathändls mit dem zitronigen Erfrischungstuch: „Die essen doch eh eher scharf.“

Apropos Essen: Im heimischen Garten kämpft Martina Schwarzmann im Nacktschnecken-Massaker gegen die Schädlinge und macht die selbst für den eingefleischten Vegetarier plausible Rechnung auf: „Wenn man das in Seelen rechnet, ist ein Schnitzel doch eine faire Lösung.“ Man kann gar nicht anders, als dieser kruden Logik zu folgen.

Aber zwischen diesem Humor in Niedertracht blitzt auch immer mal der Ernst auf: Da singt Martina Schwarzmann ein Lied über die, die zufrieden sind mit Nichts, denn die, die mit nichts zufrieden sind, sind ihr keine Zeile wert. Kein Zweifel, ihr gebührt ein Platz in der Reihe der großen bayrischen Kabarettisten: Gerhard Polt, die Biermösl-Blosn, Fredi Fesl – denn das Herrliche – oder auch Unheimliche an Schwarzmanns Stichen ist: Man kann es sich drastisch plastisch vorstellen und vielleicht basiert das Geschilderte ja auch auf wahren Hintergründen? Mit ihrer rustikalen Mischung aus naivem Witz und garstigem Kalkül legt diese Kabarettistin eine Durchtriebenheit an den Tag, der eine einzigartige Würze eigen ist. So schee kons Lebn sei! Unds Kabarett!

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