» Kleinkunst

Faible für Staubflusen

MAINZ (24. Januar 2019). Man möchte mit Paulchen Panther fragen: „Wer hat an der Uhr gedreht?“ So lange scheint Martina Schwarzmann noch gar nicht auf der Bühne des Frankfurter Hofs zu stehen, doch schon ist fast eine Stunde vergangen – Kurzweil ist nur ein Qualitätsmerkmal der oberbayrischen Kabarettistin, die neben vielen anderen Auszeichnungen in Mainz 2007 und 2016 gleich zwei Mal den Deutschen Kleinkunstpreis erhielt.

Nach eigenen Worten absolvierte sie hier an einem 11. November ihren 1.111 Auftritt und wurde übrigens an einem Rosenmontag vor 40 Jahren geboren – schon der herzliche Begrüßungsapplaus zeigt: Mainz liebt Schwarzmann. Ihr neues Programm heißt „genau Richtig!“ und zu bekritteln wäre daran höchstens die eigenwillige Schreibweise.

Was an dieser Künstlerin fasziniert, ist eine ungekünstelte Direktheit, mit der sie jede Distanz zum Publikum mühelos kappt. Derzeit ist Martina Schwarzmann mit ihrem vierten Kind schwanger: „War ganz einfach“, feixt sie und berichtet den Abend über aus ihrem Familienalltag, dass man denkt, bei dieser Sippe zu Besuch zu sein. Das Auditorium erfährt, warum es dort keinen Thermomix gibt und warum Schwarzmann nicht in den sozialen Medien verkehrt: „Ich bin nicht bei Facebook, sondern bei mir.“ Schöner hat das noch keiner formuliert.

Selbst auf der Klampfe begleitete, rustikale Lieder ziehen sich durch den Abend und hinreißend erzählt Schwarzmann davon, wie sie ihre Kinder erzieht: mit Strenge – schließlich sollen sie es später einmal besser haben. In Pädagogik-Büchern werde Drohen, Erpressen und Schlagen von Kindern abgelehnt: „Aber was bleibt dann noch?“ Schwarzmann stellt mit gleichfarbigem Humor die Lösung vor: „Bloßstellen.“ Nichts fürchteten die Kleinen so sehr wie Peinlichkeit und so feuert sie den Sohnemann beim Nasenbohren einfach lauthals an: „Mittlerweise reichts, wenn ich nur Luft hole.“

Natürlich nimmt man ihr die Matrone nicht ab, denn schließlich türmen sich daheim aufgrund einer Formularallergie nicht nur Papiere, sondern auch Staubflusen („Gespenster-Scheiße“), denen Schwarzmann gespannt beim Wachsen zuschaut. Fensterputzen? Viel zu gefährlich, zumal man als Frau ja rein vorbaumäßig leicht das Gleichgewicht verlieren könnte. Dumm nur, dass ihr Mann so viel Wert auf Ordnung legt und immer wieder entsprechende Ratgeber hinlegt.

Das Publikum hängt an Schwarzmanns Lippen und lauscht der kraftvollen Singstimme wie den hemdsärmeligen Alltagsschilderungen, deren Authentizität so grundsympathisch ist. Dabei nimmt man so manchen Tipp mit nach Hause: Toleranz („Ich akzeptiere den Deppen einfach als Depp!“) macht das Leben leichter, während sich in einer Beziehung ständige Notizen empfehlen: „Für später – als Vorwurfsmunition.“

zurück