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Debüt mit Luft nach oben

MAINZ (24. Mai 2025). Das Unterhaus ist sicherlich eine der wichtigsten deutschen Kleinkunstbühnen. Hier traten alle auf: die ganz großen Namen und die Niemands, die Große wurden. Gerade die kleine Bühne des Kulturtempels ist ja oft eine Art Versuchslabor, auch wenn das Renommee der Spielstätte einem dabei wahrscheinlich stets im Nacken sitzt.

Der Abend mit der Mainzer Schauspielerin Nuria Noppinger war insofern bemerkenswert, weil das Publikum hier nicht nur ein Unterhaus-Debüt, sondern die Kabarettpremiere einer Künstlerin überhaupt erlebte. Dass es da noch an diversen Ecken quietschen und knarzen mag, ist daher auch kein Grund für einen hämischen Verriss, sondern eher für konstruktive Kritik.

Nuria Noppinger erlernte ihre Bühnenreife zwischen 2015 und 2018 an der Mainzer Schauspielschule und wirkte bis heute in verschiedenen TV- und Theaterproduktionen mit, darunter als Mitglied des Unterhaus-Ensembles „Nobodys Company“. Jetzt will sie auch solo als Kleinkünstlerin durchstarten. „Nur Kinder, Küche, Kunst und Körper“ heißt ihr erstes Programm. Da kann die zweifache Mutter natürlich mitreden und nimmt das Publikum mit in den Wahnsinn des familiären Alltags. Ein guter Stoff, das wusste auch Reinhard Mey, der ihn 1988 in seinem Lied „Aller guten Dinge sind drei“ verwertete, oder dem Jochen Malmsheimer vor mehr als 20 Jahren mit „Halt mal, Schatz“ ebenfalls ein ganzes Programm widmete.

Noppinger legt sich mächtig ins Zeug, spielt, singt, musiziert auf Klampfe und Akkordeon, wobei sie selbstbewusst Mut zur Lücke im Beherrschen des jeweiligen Instruments an den Tag legt. Dass ihr in Folge der Geburten ihre Eloquenz abhandengekommen sei, ist offenbar eine falsche Selbsteinschätzung: Die Künstlerin ist nicht auf den Mund gefallen und kann ihr Publikum durchaus unterhalten. Wache Beobachtung liefert ihr das Material für ihre Nummern, die jedoch allesamt einen Haken haben: Sie sind zu lang, der Witz erlahmt und ermüdet; da helfen auch Lautstärke und ein zuweilen etwas angriffslustiger Ton nicht.

So schildert Noppinger zum Beispiel einen halben Tag im Leben einer gestressten Mutter: Es geht um kackende Kinder, nölenden Nachwuchs, Fantasien vom Fesseln, peinigendes PMS und Wäschewaschen – über das rein Deskriptive kommt der Sketch (selbst in seiner Wiederholung als Tanzperformance mit Kinderspielzeug) jedoch kaum hinaus. Auch der Aufzählung von Tee-Namen, die einem positive Energie, innere Harmonie oder süße Träume versprechen, fehlt letztendlich die Pointe. Noppingers Ansätze sind nicht unspannend, laufen aber leider zu oft ins Leere. Auch anderes wie die Tirade auf den Nachhaltigkeit predigenden Hippster ist zu klischeebehaftet.

Zuweilen ist es ein kleines Adverb, das großes Gewicht hat, denn „Nur Kinder, Küche, Kunst und Körper“ bietet nicht automatisch genug Material für kabarettistische Stringenz. Auftritte wie die der Johanna aus Friedrich Schillers „Jungfrau von Orleans“ als Rapnummer oder eine Rede als Aktivistin von „Germanisten for Future 2“ sind nicht schlecht, wirken ohne Zusammenhang mit dem Kernthema aber leider deplatziert.

Es sind eher die kleinen, bissigen Sentenzen, die in Erinnerung bleiben: So meidet Nuria Noppinger Erziehungsratgeber und verlässt sich hier lieber auf ihr Bauchgefühl – nur beim Schlagen zieht sie die Notbremse und setzt voll auf Impulskontrolle. Da ist sie also, die über lange Strecken vermisste satirische Selbstreflexion und ironische Brechung. In dieser Richtung bitte mehr, dann kauft man ihr auch gerne die bei filmmakers.eu bereits vermerkte „Spezialisierung Kabarettistin“ und „besondere Fähigkeit Kleinkunst“ ab.

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