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Wertkonservative unter sich

MAINZ (10. September 2010). Das Rheinland bringt mitunter skurrile Kabarett-Typen hervor, die gerade wegen ihres Eigensinns etwas Liebenswertes haben. Rainer Pause und Norbert Alich sind so ein Duo, das durch die hörnerne Kassengestell-Brille mit den Augen von Fritz Litzmann und Hermann Schwaderlappen die Welt und ihren Nabel beschauen.

Was sie da zu sehen bekommen, ist nicht immer schön. Doch so schlimm, dass es nicht mit einer flapsigen Bemerkung kommentiert werden könnte, ist selten was. „Durchstarten!“ heißt das aktuelle Programm der beiden, in dem sie zu zweit und solistisch ihre Sicht der Dinge darlegen. Das Duo hat mittlerweile eine hohe Fernsehpräsenz, wo sie mit ihrem kleinen Schlagabtausch immer wieder glänzen. Auf der Unterhaus-Bühne wiederholt sich das jedoch zu oft und verliert leider etwas an Schärfe.

Fritz (Rainer Pause) gibt die Renitenz in Person, wobei er sich immer wieder dermaßen aufregt, dass man Angst um seine Pumpe hat, während Hermann den abgeklärten Typen spielt, der nur dann aufbraust, wenn man ihm etwas nicht zutraut. Wobei das Prinzip dieses Zweiklangs immer wieder aufgeht: Zwei konservative Biedermänner werden versehentlich zu Brandstiftern, weil sie zu allem ihren Senf dazugeben müssen. Und da sie sich immer wieder gegenseitig ins Wort fallen, vermischen sich die Meinungen zu einem recht würzigen Mostrich – ein Rezept, das beim Publikum ankommt.

In „Durchstarten!“, dem „ersten Vorkriegsprogramm in diesem Jahrtausend“, nehmen sich Pause & Alich die Werte zur Brust. Wofür lohnt es sich zu kämpfen? Für das Vaterland in Afghanistan, wo es „im kriegsüblichen Einsatz todesähnliche Opfer“ gibt? Die Verantwortlichen des Terrors haben die beiden Rheinländer schnell ausgemacht: Es sind die 68er, die als Schröder und Fischer „Bomben auf Belgrad“ warfen und die die RAF gegründet haben: „Zuerst haben sie ein Kaufhaus angezündet; nicht umsonst heißt der Terrorchef heute Bin Laden.“

Und so haken die aufmüpfigen Alten im Geiste Wert für Wert ab: Alich referiert als rheinischer Katholik über die Ehrlichkeit der Beichte gegenüber den „Protestanten mit ihrer lebensfernen Aufrichtigkeit“; dank der gekonnten Impertinenz kann hier auch der Lutheraner lachen.

Bei Pause schluckt man eher, wenn er den Wert von Kultur und Sprache durch zu viel „Muselmanen“ in Gefahr sieht: „Dann kriegen Sie hier in der Pause kein Bier mehr, sondern saufen Jogurth“, kommt es doch ein wenig arg platt daher. Leider verschwimmt, wer hier spricht: Pause oder Litzmann?

Überzeugender sind da die Ausführungen der beiden zum Thema Nächstenliebe, bei der es „die Kirche in letzter Zeit etwas zu wörtlich genommen hat“. Immerhin sammeln sie für Afrika – als Relikt der 50er natürlich stilecht mit einem „Nick-Neger“, der allerdings nur noch bei einem Euro den Kopf senken würde: „Der hat gelernt: Die Hälfte bleibt doch sowieso beim Unicef-Vorstand hängen.“

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