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Der Blick vom Tellerrand aus

MAINZ (7. Mai 2012). Natürlich gibt es viele gute deutsche Kabarettisten, die den Zustand ihrer Nation und vor allem die Befindlichkeiten der Mächtigen genau unter die Lupe nehmen. Und dabei blicken sie zum Glück meist weit über den Tellerrand des eigenen Landes hinaus. Und doch, um im Bild zu bleiben: Sie sitzen dabei in der eingebrockten Suppe.

Einen erfrischenden Blick von eben diesem Tellerrand aus wagt der niederländische Kleinkünstler Philip Simon und macht da weiter, wo sein Landsmann Rudi Carrell dereinst mit seiner legendären Nachrichtenparodie „Rudis Tagesshow“ aufhörte: distanziert hinschauen und ironisch kommentieren.

Dabei tut ihm das selbst nicht gut, bekommt der Wahlberliner davon doch immer „so ein Brisseln im Kopf“, das ihn aktuell auch mal erschreckt: „Ach Du meine Güte: Frankreich wird jetzt von Holland(e) regiert? Was hat der Wilders da wieder angestellt?“ Verunsicherung allerorten, denn auch die Niederlande haben ihr Problem mit Politikern von Rechtsaußen: „Kennen Sie Geert Wilders? So eine Art Haider.“ Aber der mache ihm keine Angst, meint Simon: „Wir haben in Holland viele lange Straßen mit genügend Bäumen – der findet seinen Weg.“

Den eigenen Weg durch die Nachrichtenlage findet der Gast im Unterhaus mühelos, denn er hat erkannt, dass Wahnsinn kein Hindernis, sondern die Lösung ist. Mit einer Zwangsjacke als Bühnenbild im Hintergrund grinst er gekonnt debil ins begeisterte Publikum und empfiehlt: „Das Leben wird einfacher, wenn die Umwelt glaubt, Du bist bekloppt.“

Doch nicht er ist der Dumme: „Warum hat das Schweizer Armeemesser Korkenzieher?“, sinniert Simon und springt mühelos zu Wulff und Gauck, der deutschen „Obermoralette“, deren Botschaft er pikant hinterfragt: „Freiheit ist auch Verantwortung? Bratwurst war auch mal Mett.“

Mal im Stehen, mal erschöpft vom Stuhl aus lässt er die großen und kleinen Themen der Aktualität Revue passieren. Die Zwickauer Terrorzelle? Erschießt sich in einem Wohnwagen: „Das letzte Stück Heimat in Deutschland haben die mir jetzt auch versaut.“ Westerwelle: „ist Ihnen aufgefallen, dass, seitdem der Außenminister ist, überall Revolutionen ausbrechen?“ Und die Diskussion um Kürzungen bei Harz IV-Empfängern: „Dann kann man auch die Meerschweinchen rasieren, damit sich die Nacktmulle nicht so blöd fühlen.“

Mit sympathisch niederländischem-Zungenschlag, der stets leicht besäuselt klingt, horcht er dem „Brisseln im Kopf“ nach, mischt gekonnt haarsträubende Ein- mit sarkastischen Ansichten und leuchtet die Schattenseiten vermeintlicher Lichtgestalten aus.

Doch sein scharfer Witz ist auch ernstes Anliegen: die Verdummung durchs Fernsehen oder der Wunsch nach einem echten Dialog zwischen den Weltreligionen lassen einen zwischen den Zwerchfellattacken durchaus auch aufhorchen.

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