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Zeitlose Klassiker

MAINZ (6. Juni 2011). Bis Lars Reichow am 21. September im Mainzer Staatstheater sein neues Programm „Goldfinger“ präsentiert, wird noch einiges Wasser den Rhein hinunterfließen, am rechten wie am linken Ufer vorbei. Wer es nicht abwarten kann, liest samstags in der Allgemeinen Zeitung Mainz die eleganten Glossen des Kabarettisten. Oder er geht ins Unterhaus: Bis zum 11. Juni spielt Reichow dort „Das Beste für Mainz“.

Der „Klaviator“ greift auch mit seinem Best of in die Tasten und zaubert nicht nur klangvolle Akkorde, sondern natürlich auch herrlich formulierte Bonmots, wofür ihn sein Mainzer – und hier natürlich besonders das Finther – Publikum liebt. Dass man einen Großteil des Programms schon kennt, tut dem Genuss keinen Abbruch, denn Reichows Klassiker sind ebenso genial wie zeitlos: Seine (autobiographische?) Nummer vom Studenten, der an der Macht des Pedells zu scheitern droht und nur „mit Plakettscher“ in die „Unität“ kommen darf, karikiert nicht nur gekonnt Standesdünkel und Klassenkampf, sondern pflegt auch den Lokalkolorit, was Reichow immer wieder herzlich gelingt. Auch das Lied vom Handwerker ist so ein satirisches Juwel, in dem der Kabarettist eine weitere sympathische Facette seiner Kunst zeigt: die Selbstironie.

Der Träger des Deutschen Kleinkunstpreises 1997 widmet sich an diesem Abend dem Thema Mann und Frau, ohne in Plattitüden zu verfallen. Im Gegenteil, denn im Lied „Der Mensch“ stellt er überzeugend klar, dass dieser nicht die glänzende Krönung der Schöpfung ist, egal ob Weiblein oder Männlein. Letzterer ist natürlich der King, wenn es in den Baumarkt geht, wo er sich „an der Schrauben-Bar eine Mutter nach der anderen bestellt“.

Die begeisterten Lacher des weiblichen Parts im Publikum zeigen, dass Reichow mit der ironischen Überspitzung oftmals voll ins Schwarze trifft. Schließlich ist vom mutigen Jäger nur noch der leidenschaftliche Sammler von Bierdeckeln übrig geblieben und die Gattin ist auf dem Vormarsch: „In jedem Supermarkt, in jeder Peepshow begegnet Ihnen heute eine Frau!“

Liebevoll erzählt er davon, dass ihn seine Partnerin beim Spielen gewinnen lässt, denn die Erfahrung, dass ein weibliches Wesen vor einem steht und „Mau, Mau“ sagt, will der Mainzer keinem Geschlechtsgenossen wünschen. Und da man ja auch zusammen in den Urlaub fährt, zielt der Spott auf den „Dicken Deutschen“, der mit zu gesundem Nationalbewusstsein auf die Streptokokken reist und dort Land und Leute daran misst, wo das Brot am Buffet zu finden ist.

Ohne Frage: Ein Abend von und mit Lars Reichow ist nicht nur gut für Mainz, sondern mit das Beste, was einer so gebeutelten Stadt passieren kann. Und wenn alles klappt, wie der Tastenlöwe es sich vorstellt, dann ist auch seine Sammlung für eine Klimaanlage im Unterhaus erfolgreich: „Das würde eine Million kosten – Geld, das die Stadt Mainz in den nächsten 300 bis 400 Jahren nicht hat…“

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