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Ganz großes Kino

MAINZ (13. November 2014). Bereits drei Mal hat man Richard Rogler den Deutschen Kleinkunstpreis zugesprochen: 1982, 1987 und 1992. Ob ihm irgendwann auch mal der Ehrenpreis für das Lebenswerk winkt? Verdient hätte er’s, denn überzeugend kommt er der Aufforderung nach, die seinem aktuellen achten Solo den Titel gibt: „Das müssen Sie mal sagen, Herr Rogler!“ heißt es – ein Wunsch, der für ihn Befehl ist.

Er sei immer wieder erstaunt, wie aufmerksam die Bürgerinnen und Bürger das gesellschaftliche Leben und die Politik verfolgten, meint der Kabarettist: „Selbst wenn bei manchen Anregungen eine Verbindung vom Maul zum Gehirn oft nur schwach feststellbar ist. Aber auch das gehört auf die Bühne. Man soll dem Volk ja aufs Maul schauen.“ Das lohne sich.

Was also hört der Herr Rogler? Eine Friseurin, einen pensionierten Postler, einen Mechaniker und andere – einen passablen Chor aus Stammtisch-Stimmen eben. Rogler verzichtet jedoch darauf, diese mit ihren Meinungen vorzuführen, sondern stellt sie und ihr Umfeld in den Mittelpunkt, baut ein Schlachtenpanorama der Gegenwart.

Da ist das spät gebärende Elternpaar, das seinem Nachwuchs mit übertriebenem Ehrgeiz einen frühkindlichen Burnout beschert, da sind der renitente Pensionär, der Meckerer und der Möchtegernrevolutionär. Ob während des politsatirischen Aufwärmens zu Beginn oder dann „in der Kneipe“ – Rogler liefert grandiose Pointen, und das Schlag auf Schlag, womit er das von politischen Nebelkerzenwerfern geschaffene Dunkel erhellt.

Der Künstler verteilt gerecht und so nutzt es der SPD gar nichts, dass er in grauer Vorzeit mal Mitglied war. Auch die CDU hat nichts zu lachen: Von der Leyen, deren Name er mit „ai“ schreiben möchte, Gauck, der auch nach einem Toilettengang eine Rede darüber halte, „arbeitslose“ Bundestagsvizepräsidenten und eine Kanzlerin, die Parteien und Parteifreunde vernichte. Rogler spuckt Gift und Galle, platziert in sein Trommelfeuer aber auch nachdenkliche Töne. Er ist nicht fertig mit der Welt, hat noch viel zu sagen.

Das Lebensmotto von Rogler lautet „Immer mit dem Geist der Machtlosen gegen die Macht der Geistlosen!“. Das verfolgt er auch im aktuellen Solo akribisch und leiht denen, die auf seiner Wellenlänge funken, gerne die zuweilen laut polternde, dadurch aber auch unüberhörbare Stimme des Wutbürgers.

Ob sie nun bis an die Stammtische oder in den Reichstag dringt – diese Ungewissheit ist das Schicksal auch der besten Kabarettisten. Zumindest das Unterhauspublikum hängt dankbar an Roglers Lippen und ist bestens amüsiert. Oder wie es eine von Roglers Stammtischbrüdern formuliert: „Ganz großes Kino.“

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