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Gemischtes Doppel

HOFHEIM (13. Juli 20018). Musikkabarett und Kleinkunst gehören mittlerweile ebenso zum Rheingau Musik Festival wie Kammerkonzert, Sinfonik, Chorwerk und Solo-Rezital. Mit den „Zucchini Sistaz“ und „Wildes Holz“ trafen sich jetzt zwei „Wiederholungstäter“ zum „Gemischten Doppel“. Spielstätte war die Hofheimer Stadthalle, nachdem der Rettershof vor wenigen Tagen ein Raub der Flammen geworden war.

Sie sind schwer miteinander vergleichbar, passen jedoch wunderbar zusammen, wie gemeinsame Auftritte der beiden Ensembles beweisen: Virtuos sind jeweils alle drei – die unverwandten „Zucchini Sistaz“ Sinje Schnittker, Jule Balandat und Tina Werzinger sowie das „Wilde Holz“ Tobias Reisige, Anto Karaula und Markus Conrads. Auch bei der Besetzung gibt es Assonanzen: Kontrabass, Gitarre und „Gebläse“. Doch die swingenden Schwestern pflegen den Boogie-Woogie à la Boswell Sisters, während das hölzerne Trio Klassik und Moderne zu faszinierenden Arrangements verarbeitet. Beiden Combos ist eines jedoch besonders wichtig: der Spaß am Musizieren, den sie ohne Reibungsverluste aufs begeisterte Publikum zu übertragen verstehen, so dass es dieses am ersten von zwei Abenden zum Schluss von den Stühlen reißt.

Am besten für ein Konzert ist es, wenn die Musikalität der Interpreten wie ein Knistern in der Luft liegt. Und das ist hier fraglos der Fall. Ladies first: Die „Zucchini Sistaz“ sind zwar nur zu dritt, doch Schnittker ist laut Programm „Multitalent an Trompete, Posaune und sonstigem Klimbim“. Dazu gehören auch Melodika, Miniakkordeon sowie ein sanft geblasenes Flügelhorn. Allein schon, welch zartes Pianissimo die Dame ihrer Posaune entlocken kann, ist fabelhaft. Zusammen mit Balandat am Bass und der agilen Werzinger an Gitarre und Ukulele spielen und singen sie äußerst vital jene Musik, die in den 20er- bis 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Massen unterhielt, und entpuppen sich dabei als attraktive Jazz-Kapelle.

Der „Boogie Woogie Bugle Boy“ – von Dony Raye geschrieben, Hughie Prince komponiert und den Andrew-Sisters 1941 aufgenommen – klingt frisch wie eh und je, eine Adaption von Herbert Grönemeyers „Männer“ oder die selbst komponierte „Radel-Hymne“ ergänzen das musikalische Spektrum, ziehen es ins Hier und Heute. Dem sind natürlich auch die Herren von „Wildes Holz“ verpflichtet, die nicht nur eine Telemann-Sonate zum Swingen bringen, sondern Tarkans „Şımarık“ und „Rock me Amadeus“ einfach hinreißend interpretieren. Allein schon, wie Bassist Conrads schier ausflippt (und damit eine würdige Imitation des Schlagzeug spielenden Tiers aus der Muppet-Show liefert), während der diplomierte Jazz-Blockflötist [sic!] Reisige die Vorzüge seines Instruments erläutern möchte, ist ein Mörder-Gag. Der Volksmund sagt, dass sich neckt, was sich liebt – und diese drei lieben die Musik offenbar von ganzem Herzen.

Das Programm wird durch den wechselnden Auftritt der „Zucchini Sistaz“ und von „Wildes Holz“ bestimmt, was dem Abend eine leichte Holprigkeit verleiht, zumal die Damen etwas mehr moderieren und somit ein wenig länger brauchen, um den Funken überspringen zu lassen. Wenn das allerdings gelungen ist und die Gitarristin mit ihrem ausladenden Kopfschmuck headbangt, dann lodert das Feuer der Begeisterung schnell auf. Im gemeinsamen Spiel aller Interpreten potenziert sich der Spaß natürlich noch einmal um ein Vielfaches.

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