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Im Keim erstickt

MAINZ (9. Mai 2012) Überall brodelt es auf der Welt und Regime geraten ins Wanken. Nur in Deutschland nicht. Dabei liegt doch gerade hierzulande so viel im Argen, ahnt der Kölner Kabarettist Robert Griess, der dem Unterhaus zu Beginn des Jahres bereits als Viertel des Ensembles „Schlachtplatte“ Scharfes kredenzte.

Und anfangs hat auch das Soloprogramm „Revolte! – eine Anleitung für die Mittelschicht“ einen recht passablen Lauf. Der Vorschlag, die Manager von Ratingagenturen an Windrädern aufzuhängen, stößt im Publikum durchaus auf Zustimmung. Ein dankbares Thema, der Rettungsschirm, laut Griess nur „organisierte Geldwäsche“. Die heutigen Bankräuber sitzen eben hinter dem Schalter und klauen dem Kunden das Geld.

Während die Atomgegner ihren Protest im Ehrenamt ausübten, bekämen Politiker für ihr devotes Gebaren gegenüber der Industrie Geld, benennt der Kabarettist die Widersprüche unserer Tage und wundert sich: „Wenn Frauen ihren Körper für Geld verkaufen, dann rümpfen wir die Nase und nennen das Prostitution. Wenn aber Männer ihren Geist verkaufen, dann bewundern wir das als Karriere.“

Einem Mann wie Griess müsste die Piraten-Partei – „Wenigstens authentisch blöd!“ – doch sympathisch sein? Denn auch er gefällt sich im FDP-Bashing, das doch irgendwann langweilig wird. Für den Kölner sind die Rebellen „frühere Waldorfschüler, denen ihre grünen Eltern irgendwann zu spießig wurden“ und „der Kartoffeldruck Vorläufer des Touchscreens“. Genau hier beginnt die angekündigte „Revolte“ zu kränkeln, denn über das oberflächliche Witzeln kommt Griess den Abend über leider nicht mehr heraus.

Dümmliche Politikerzitate, Sigmar Gabriels Leibesfülle und abgelaufene Wulff-Witze weisen den Weg zum Rollenspiel mit Klischees. Denn plötzlich sind neben Griess „Herr Stapper“ und „Herr Schober“ auf der Bühne: Der eine rheinischer Prolet, der andere – natürlich – ein Alt-68er. Man ahnt Schlimmes und wird nicht enttäuscht: Das Vorurteil wird von Griess wie eine Monstranz getragen und die Schablone wirkt grausam dumpf: Selbstverständlich heißen die Kinder der Unterschicht Kevin und Chantal.

So alt wie diese Typisierung sind auch die Witze, mit denen Griess versucht, dem Trialog so etwas wie Tiefgang zu verleihen – ein Experiment, das scheitern muss, wenn man nicht mehr vermag, als weiterhin auf Waldorfs rum zu kloppen: Das haben die Namenstänzer nicht verdient. Oder war da noch was anderes? Ach ja: Die Mütter aus dem Bioladen bekommen natürlich auch noch ihr Fett ab. Schnell wird das Ganze einfach nur noch unerträglich langweilig.

Also müssen die Regierenden hierzulande wohl doch keine Angst haben: Wenn der Umsturz so saft- und kraftlos daher kommt, haben die Konterrevolutionäre leichtes Spiel.

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