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Ein Mordsspaß

MAINZ (21. Januar 2024). Wenn ein Schauspieler es schafft, einer Nebenrolle so viel Gewicht zu geben, dass der Zuschauer sie auf Augenhöhe mit der Titelfigur einer Serie sieht, ohne sich dabei jedoch bewusst in den Vordergrund zu drängen, versteht er sein Handwerk. Seit 1998 gibt Roland Jankowsky an der Seite von Rita Russek, Leonard Lansink und Oliver Korittke in den Wilsberg-Krimis des ZDF den leicht trotteligen Kommissar Overbeck, der sich während einer langweiligen Observation beim Spiel mit der Dienstwaffe mal in den Fuß schießt oder dessen Computerpassword von der pfiffigen Nichte der Kommissarin schnell als „Loverbeck“ erraten wird.

Doch Jankowsky kann mehr. Und nicht nur in anderen Krimis oder Serien ernste Charaktere verkörpern, sondern vor allem auch verdammt gut vorlesen. Im Unterhaus war er jetzt mit seinem Programm „Es wird Tote geben – Overbeck reloaded“ zu erleben, wobei die Wilsberg-Rolle hier gar keine spielt. Der Künstler hat im KBV-Verlag mittlerweile drei Bücher mit durchaus humorigen Kriminalgeschichten anderer Autoren herausgegeben und damit sechs verschiedene Lesungen konzipiert. In Mainz gab es Geschichten von Ivonne Keller, Niklaus Schmid und Peter Godazgar.

Da geht es um einen Dackel, der aus Versehen mit Mett vergiftet wird und nun in einem Loch in einem Sandkasten, das eigentlich als Ziel einer Schnitzeljagd ausgehoben wurde, verscharrt wird, woraus sich natürlich weitere Probleme ergeben. In einer anderen Story besucht Sicherheitshandwerker Hans Gretel von der Firma Grimm eine alte Dame im Wald und referiert angesichts der maroden Tür mit Lebkuchen-Deko von Sicherheitsbeschlägen, Schließanlagen und DIN-Normen, was zwar einen Mordsauftrag, doch leider auch sein seltsames Verschwinden zur Folge hat. Oder man erlebt einen Einbrecher mit Bandscheibenvorfall, der bei der homöopathie-gläubigen Hausherrin natürlich nichts zu lachen hat – die Dame nach der Allianz des ebenfalls von Schmerzen geplagten Gatten mit dem Langfinger nach Einnahme diverser Ibuprofen 800 jedoch auch nicht mehr. Und auch der Briefwechsel zwischen einer begeisterten Fernsehzuschauerin mit dem Moderator einer Psychologie-Sendung ist ein Mordsspaß – außer für den neuen Abteilungsleiter, der den Anchorman nach Südostasien versetzen will: Stalking hat manchmal eben auch sein Gutes.

Die launigen Geschichten steuern zugegebenermaßen rasch auf ihre Pointen hin und sind dabei trotzdem recht lang. Doch durch Jankowskys Vortrag verlieren beide Mankos an Bedeutung: Der Mime zieht sein Publikum derart intensiv und sympathisch in die Stories hinein, dass 30 Minuten wie ein Augenblick sind. Man merkt ihm an, welchen Spaß ihm diese Geschichten bereiten, was er mühe- wie reibungslos aufs Publikum überträgt. Der Hexe im Wald (Frau Rumpumpel – ein Gruß von Autor Godazgar an den Kollegen Ottfried Preußler) leiht er seine Stimme wie einst die Jungs von Monty Python den in ihren Sketchen gemimten alten Damen – einfach köstlich!

Tatsächlich sind es „nur“ vier Geschichten, die Jankowsky an diesem Abend vorträgt. Doch alle seine Bücher und damit noch mehr Kurzkrimis werden am Büchertisch verkauft und gerne signiert, wo der Schauspieler mit seinen Fans locker auf Tuchfühlung geht. Ohnehin hat er eine grundsympathische und gänzlich unprätentiöse Art: Er betritt die Bühne leichtfüßig aus dem Saal heraus, statt den Vorhang zu heben, kommentiert zweimaliges Handyklingeln mit eindeutiger Geste in der Nähe der Halsschlagader und ermuntert das Publikum zum Denunzieren: Beim nächsten Mal möge der Sitznachbar den Übeltäter doch outen, der dem Saal dann zehn Flaschen Kupferberg auszugeben habe.

Es sind diese kleinen Winke und Geschichten, die Jankowsky sehr nahbar machen, dieses Knuffige und Kumpelhafte, das ein wenig an Kollegen wie Horst Janson oder Claus Theo Gärtner erinnert. Dazu zählt auch das längere Ausholen vor der Pause, wenn er vom Engagement des Vereins „Togo – Neuer Horizont“ erzählt, dessen Botschafter er ist. So was könnte die Stimmung des durstigen Publikums leicht überstrapazieren, doch Jankowsky nutzt die Aufmerksamkeit gekonnt und unaufdringlich: Nach der Pause ist der Stapel mit Flyern fast abgetragen. Was der Verein macht und wie man ihn unterstützen kann, findet man hier: https://togo-neuerhorizont.de/.

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