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Thomas Freitag schickt mit „Die Angst der Hasen“ eine Videobotschaft an Bin Laden

MAINZ – Das Thema Terror ist brandaktuell. Also hat es mancher Kabarettist auf der Pfanne. Doch keiner hat ihm bisher ein abendfüllendes Programm gewidmet. Thomas Freitag tut dies jetzt mit „Die Angst der Hasen“ und schafft damit ganz großes Theater voller komischer Momente, wunderbar platzierter Pointen und genialer Gedankengänge, den man flink wie ein Hase folgen sollte.

Der Bin Laden‘schen Bilderflut via Al-Dschasira setzt Freitag ein selbst gemachtes Homevideo entgegen, dass mit Bachs Brandenburgischen Konzerten beginnt: „Ist das nicht wunderschön?“, fragt er in die Kameralinse: „Ein Gottesbeweis.“ Wie man so etwas schlecht finden könne? Oder die ganze westliche Kultur? Zwar empfinde er nach einer Stunde Privatfernsehen durchaus Sympathien für Al-Qaida – doch bringe es doch nichts, alles zu zerstören: „Seid doch mal konstruktiv, setzt einen Roman oder lustigen Film dagegen – oder wenigstens eine Erfindung, die verhindert, dass man sich beim Döneressen immer die Schuhe vollkleckert!“

Zu platt? Wohl kaum, denn Freitags Fazit zeigt historisch belegt auf, dass auch der Islam sein Ziel nicht erreichen kann, selbst wenn er die ganze Welt beherrscht: Irgendwann würde in ihren Reihen der Zweifel auch an der festesten Überzeugung nagen – mit kriegerischen Folgen. Bei allen vorangegangenen – und verdienten! – Lachern: Hier ist Freitag mit einem Ernst am Werke, der vielen Brettl-Produktionen abgeht.

Der Einsicht geht eine wunderbare Traumsequenz voraus, in der Freitag in einer italienischen Kneipe Roms dem Papst inkognito beim Espresso begegnet und dieser hinter seiner Gazette heimlich Drewermann liest: „Ich hasse nur seine Pullover.“ Er, den man einfach „seine Heiligkeit“ nennen soll – „Ich bin eigentlich ein lockerer Typ.“ – weiß ganz genau, wie wichtig der Zweifel für eine kulturelle Weiterentwicklung ist. Und er ermuntert den Kabarettisten, diesen zu pflegen.

Nun mag ein solcher Papst wirklich nur ein Traum sein. Realitätsnäher geht es auf der Bühne zu, wenn Freitag versucht, seinen islamistischen Adressaten die (politische) Hochkultur Deutschlands nahezubringen. Immer wieder werden gelungene Parodien eingestreut, herrlich ist hier allen voran Ulla Schmidt: „Bismarck hat damals die Krankenversicherung eingeführt, um den Sozialdemokraten zu schaden. Heute macht das die SPD selbst, also brauchen wir keine Krankenversicherung mehr.“

Es geht um Kultur, Bildung und Einbildung, um Innen- und Außenpolitik oder den Erfahrungsbericht eines frischgebackenen Rentners.

Als Gegenbeweis für eine zu laxe Haltung der Deutschen führt Freitag die Einkommenssteuererklärung oder bundesweit 20000 Vorschriften zur Müllentsorgung: „Da macht der Moslem mit seinem Verhaltenskodex keinen Stich mehr.“

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