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Von Neun-Nadel-Druckern und gelochten Disketten

MAINZ (6. Mai 2013). Sein neues Programm hat noch keinen Namen, sein erstes Buch schon: „Hilfe, die Googles kommen! Mein Leben als Digital Dummy“ heißt das Elaborat von Tobias Mann, dessen Nachname für den Mainzer Kabarettisten irgendwie auch literarische Verpflichtung zu sein scheint.

Im Mainzer Unterhaus stellte er sein Werk nun dem Publikum während einer Lesung vor: „Für mich ist das ein Stunt, auch mal zu sitzen. Das Buch wurde noch nie am lebenden Zuhörer ausprobiert“, grinst Mann denn auch augenzwinkernd.

Er wird an diesem Abend nicht sitzen bleiben und nicht nur lesen – was gut ist, denn das Rezitativ ist nicht sein Mittel: Mann ist ein äußerst talentierter Comedian, dem keiner so schnell das Wasser reichen kann und er hat mit „Hilfe, die Googles kommen!“ bewiesen, dass ihm auch das geschriebene Wort leicht von der Hand geht – das reine Vorlesen tut dies nicht so sehr und die gewählte Mixtur des Vortrags ist die bessere Wahl.

Bis zum ersten Aufblättern des Buches geht Mann gewohnt frech auf Tuchfühlung. Ob jeder Internet kenne oder auch jemand aus dem Hunsrück da sei? Immerhin war sein Weg in die digitale Welt auch kein leichter, gibt er zu und liest das erste Kapitel: An der Hand von „Donkey Kong“ ging es über Spielekonsole, ungelochte Disketten und Modems ins Netz – die „Kakophonie des Fortschritts“ konnte beginnen: Commodore 64, C 128, der erste 386er PC, Windows 3.11 und der Neun-Nadel-Drucker – Tobias Mann schöpft in seinem Buch aus dem Vollen und einer Zeit, in der der neue I-Pod noch nicht veraltet war, bis man ihn am Tag des Kaufs nach Hause gebracht hatte.

Manns Leben und Erleben als „Digital Dummy“ zwischen den Generationen der „Digital Natives“, die mit der modernen Technik groß werden und der „People who should never touch a computer at all“ gibt natürlich viel Stoff her – zum Schreiben wie zum Lesen. Und zum Lachen: Auch an diesem Abend erkennt sich das Publikum, das wie er den Generationenvertrag oft eher als IT-Beratungs-Kontrakt erlebt, in Manns Schilderungen wieder. Da ist der entsetzte Anruf der Mutter in der Nacht, der das Schlimmste befürchten lässt: „Mein Word ist weg!“ Mann bemerkt dabei trocken wie froh er sei, dass seine Mutter kein Online-Banking mache: „Sonst wäre am Ende nicht nur das Word weg…“

Unterhaltsam ist des Autors erste Lesung ohne Zweifel. Und wie es sich für einen guten Kabarettisten gehört, vermittelt der Abend auch spannende Denkansätze: Ist Twittern, die „Möglichkeit 140 mehr oder weniger sinnvolle Zeichen in die Welt hinaus zu senden“ wirklich das Gelbe vom Ei? Wie verantwortungsvoll ist der „Journalismus 2.0“ in der heutigen Aufregungskultur? Muss man wirklich auf Facebook aktiv sein? Und warum bietet Amazon einem, der einen Baseballschläger kaufen will, auch gleich eine Sturmhaube an?

Am Ende setzt das begeisterte Publikum mit seinem Applaus einen gefühlten „Gefällt mir“-Button. Manns Buch „Hilfe, die Googles kommen!“ hat seine Feuertaufe bestanden und der Comedian eilt zum Signieren an den Büchertisch, wo er sein Erstlingswerk anbietet. Nur in E-Books mag er nicht reinschreiben…

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