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Wirbel auf dem Trommelfell

MAINZ – Erfolgreiche Kabarettisten fallen mitunter auch durch originelle Namensgebung auf: Badesalz, Pfeffermühle, Dreigestirn, Fronttheater, Zwangsensemble, Oropax – oder eben, aus Hamburg: „Trude träumt von Afrika“. Bis zu sechs Frauen – und unzählige Trommeln. Klingt komisch? Ist es auch. Und vor allem eines: laut!

Kostümiert mit dem Besten der 50er, 60er und 70er Jahre und von unterschiedlich ausgelebtem Temperament betreten vier dieser „Truden“ die Bühne des Mainzer Unterhaus: die flippige Agathe (Anke Hundius), die reservierte Cäcilie (Gunhild Wulf), die distinguierte Erna (Eva Roßberg) und – hinreißend komisch! – die phlegmatische Mathilde (Annette Kayser).

Im Gepäck haben sie das, was man allgemeinhin als Percussion bezeichnet – und noch viel mehr: Snaredrum, Djembés, Basstrommeln, Glocken, Triangeln, Waschbrett und Kochtopf, Deckel und dazu ihre Stimmen, die sie polyphon und mit beeindruckender Klangkraft zu erheben wissen.

Was in einer Show von „Trude träumt von Afrika“ zu sehen und vor allem zu hören ist, kann man kaum in Worte fassen: Es ist die augenzwinkernd-hanseatische Version von legendären Gruppen wie Stomp, Kodo oder Tentekko-Taiko. Das Damenquartett, das in breitester Hamburger Mundart konversiert, entpuppt sich dabei als hochmusikalisch und ulkig zugleich.

In ihrem Schlagwerk überzeugen die Nordlichter mit ausgeprägtem Rhythmusgefühl und der Fähigkeit, sich in fremde Kulturen einzufühlen und sie daher authentisch ausdrücken zu können. Zwischen den Trommeleinlagen foppen sich die alternden Granden wie zickende Teenager.

Dabei ist die Geburtsstunde dieses Ensembles fast schon klischeehaft: Die Damen lernten sich in einer Unterrichtsgruppe für westafrikanische Percussion kennen und formierten sich alsbald zu einer musikalischen Frauenbewegung mit ganz eigenem Stil. Man merkt, dass diese „Truden“ vom einstigen Kursinhalt geradezu infiziert wurden – und dieses Fieber lässt sie nicht mehr los, sondern zu rhythmischer Ekstase auflaufen.

Dass diese akustisch gelegentlich die Unterhaus-Röhre sprengt und ein bisschen arg auf dem physischen Trommelfell wirbelt, liegt dabei wohl genauso in der Natur der Sache wie das Gefühl der Übersättigung, das sich nach einigen immer recht auslandenden Trommelsets einschleicht. Fakt ist aber auch, dass die vier „Truden“ mit diesem Ausdruck klingender Globalisierung nicht nur von Afrika träumen, sondern Musik machen, die einfach mitreißt.

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