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Humor ist und bleibt analog

MAINZ (26. Mai 2023). Was hat man diesem Mann eigentlich in den Tee getan? Er wirkt wie ein bis zum Zerreißen gespannter Flitzebogen, der dann auf das Publikum losgelassen wird. Mit jugendlicher Verve hüpft der bald 49-Jährige über die Bühne wie ein Pumuckl auf Ecstasy und teilt seine Pointen mit vollen Händen aus. „Mitschreiben!“, fordert er. Besser wär’s – bei dem Informationsgehalt, mit dem Weber sein Programm stets anreichert.

Sein aktuelles Programm „KI: Künstliche Idioten“ ist brandaktuell, doch Weber geht das Thema – soweit man das bei ihm überhaupt sagen kann – eher langsam an, kreist es erst mal grob ein. Es geht um den technischen Fortschritt, den er gar nicht per se verdammen möchte, denn der sei weder gut noch schlecht, sondern Nutzen und Missbrauch gingen „sozusagen Hand in Handy“. Doch Obacht: Wie schnell werde aus einem Können ein Müssen – Stichwort allgegenwärtige Erreichbarkeit. Und: In jeder Lösung eines Problems liege bereits der Keim eines weiteren.

Höchst unterhaltsam pflügt Weber durch die Erscheinungen der Jetztzeit. Doch statt ängstlich Dystopien zu verbreiten, setzt er auf die Waffe des Humors, über den übrigens keine noch so kluge KI verfüge. Statt eines Schrittzählers am Handgelenk verlangt der Künstler erst mal nach einem Bewegungsmelder und dem Zwang zur Selbstoptimierung durch frühmorgendliches Joggen begegnet er mit dem Argument, sein Bett passe gar nicht durch die Tür des Schlafzimmers. Im „Gespräch“ mit seinem technikgläubigen Kumpel wird der ganze Kram genüsslich ad absurdum geführt.

In seiner allgegenwärtigen Hektik – selbst der schlichte Stuhl bewegt sich als einziges Requisit mit ihm ständig über die Bühne – spiegelt Weber gekonnt den Fortschrittsgeist, den die Menschheit wir einst Goethes Zauberlehrling vorwitzig rief und sich nun von ihm beherrschen lässt. „Das Pferd isst keinen Gurkensalat“, lauteten die ersten Worte, die der deutsche Erfinder Johann Philipp Reis 1861 via Fernsprechapparat äußerte: „Wenn ich mir heute Telefonate im ICE anhöre, kann ich keinen Fortschritt feststellen“, kommentiert Weber: Was nutze uns die KI, wenn sie von Menschen genutzt werde, die eigentlich zu dumm dazu seien? Wer Weber aufmerksam zuhört, deutet den Begriff Fortschritt nicht zwangsweise als ein Weiter des Menschen, sondern eher als ein Sich-Entfernen.

Doch Weber ist kein Schwarzseher: Er setzt darauf, dass der Mensch die Kultur braucht, auch wenn diese sich wandele: Persönliche Begegnung und zwischenmenschliche Beziehung könne keine KI auf Dauer ersetzen, Kreativität sei stets analog. Der Kabarettist formuliert an diesem Abend ein paar zusammenfassende „Webersche Gesetz“ und mit dem letzten schließt er wie mit einem Paukenschlag: „Unter dem Siegel des Fortschritts wird uns immer die Realisierung eines Traumes verkauft. Und es stimmt: Der Fortschritt kann Träume wahr werden lassen. Darum, Mensch, pass höllisch auf, was Du Dir erträumst.“

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