A mysterious boy
MAINZ (5. Mai 2023). Robert Alan zu beschreiben ist gar nicht so einfach, denn der blondierte Oberfranke sperrt sich vehement dagegen, in eine bestimmte Schublade gesteckt zu werden. Er spielt verdammt gut Klavier und hat eine einnehmende Singstimme, deren Timbre zuweilen tatsächlich an den King erinnert. Ein Musikkabarettist also. Aber nicht vom alten Schlag, sondern vor allem ein eigenwilliger Comedian, der die Menschen einfach unterhalten möchte. Und das kann er: Die Minuten rasen dahin und als die Pause beginnt, wundert man sich, dass tatsächlich schon 45 Minuten um sind.
Die Kurzweile eines Abends mit Robert Alan liegt in seiner Sprunghaftigkeit: Auch wenn der Künstler sein Programm „Streuner“ sicherlich durchgeplant hat, setzt er den Titel doch bemerkenswert agil um, steckt sozusagen überall seine Schnauze rein und hebt gerne mal das Bein, um sein humoristisches Revier zu markieren. Übrigens ein weites Feld: „Das Leben ist kein Ponyhof, denn leider sind die Ponys tot“, singt er. Und vom Ostseeurlaub in der Pubertät und Frühlingsgefühlen. Alan springt von Thema zu Thema, kommentiert selbstironisch einen Rohrkrepierer und ist schon beim nächsten Gag, der dann mit umso größerer Sprengkraft zündet.
Das leider eher spärlich erschienene Publikum im großen Unterhaus erlebt an diesem Abend einen Kleinkünstler, der bemerkenswert stromlinienunförmig ist und unglaublich viele Asse im Ärmel hat. In Mainz trat er erstmals in der Reihe „Poesie und Wahnsinn“ auf, wo er unter anderem seinen Kollegen Christoph Demian traf, dem er gerne einen Moment seiner Spielzeit überlässt, damit dieser für seinen nächsten Auftritt im Unterhaus werben kann. Demian präsentiert pfiffige Kartentricks – so viel zum Thema Ass im Ärmel.
Robert Alan tanzt die Schlussszene des fünffach oscarprämierten Films „American Beauty“ und gibt die im Wind wehende Plastiktüte, wofür ihm nicht nur in einer Waldorfschule die Höchstpunktzahl sicher sein dürfte. Bei ihm geht es buchstäblich um Sex & Drugs, um offene Beziehungen, Kiffen und Koks an der Nase, was er in einem gekonnten Rap der Polizei als Ayran verkauft. Er ist „der traurige Pornostar, der noch nie eine Frau von vorne sah“ und als Reminiszenz an Heinz Erhardt trinkt er dagegen keinen Korn, sondern raucht eben Gras.
Dieser Mann steckt voller Überraschungen und serviert seine Gags mit einer Trockenheit, dass es nur so staubt: „Wenn der Himmel voller Geigen hängt, heißt das, dass André Rieu in der Hölle brennt“, reimt der Musiker und setzt noch einen drauf: „André Rieu ist Euch ein Begriff, oder? Der Vater von David Garret.“ Es ist dieser anarchische Geist, der einen so direkt trifft und mit dem Alan einen schnell für sich gewinnt. Vor allem am Klavier steht er in einer Reihe mit Kollegen wie Helge Schneider oder Rainald Grebe, auch wenn er sich hier noch munter ausprobiert. Und das macht es eben aus: miterleben zu dürfen, wie er genau das mutig und geistvoll tut. Oder anders gefragt: „Bierschokolade im Supermarkt? Was kommt als nächstes: Erdbeeren mit Kondomgeschmack?“