Verbales Fastfood
MAINZ (14. Mai 2023). Das erste Solo-Programm von Maria Clara Groppler heißt „Jungfrau“. Als solche fiel sie einem in der ZDF-Sendung „Queens of Comedy“, wo sie mit Joseph ihre Beziehungsprobleme auslebte, durchaus positiv auf. Neugierig, wie sich die 24-jährige Comedienne einen Abend lang live schlägt, schaut man sie sich also im Unterhaus an. Und das ist – Groppler bespielt die große Bühne – an diesem Sonntagabend ausverkauft. Respekt gibt es allerdings nur dafür – nicht für die abgelieferte Performance.
Es gibt einen interessanten Moment im ersten Teil der Show: Groppler erzählt, richtig gute Comedians würden mit ihrer Kunst einen Schmerz aus früheren Tagen verarbeiten. Und im nächsten Satz kokettiert sie: „Mario Barth hatte eine sehr glückliche Kindheit.“ Das Publikum lacht, sie auch. Doch dieser Hochmut steht ihr nicht: Man mag von Kollege Barth und seinem Stadien füllenden Brachialhumor halten, was man will – aber sich über diesen zu mokieren und dann gnadenlos zu unterbieten, ist eine Rolle rückwärts.
Gewiss, die Menschen im Unterhaus lachen über Gropplers Pimmelwitze, ihre Bemerkungen zu kleinen Brüsten, Fürzen und aggressivem Masturbieren als Mittel zum Stressabbau vor der Show. Dass alles mit ironischem Augenzwinkern erzählt wird, ist natürlich auch klar. Aber mehr kommt eben nicht von dieser Jungfrau. Ein roter Faden? Fehlanzeige. Stattdessen pubertäres Kichern, um die gleiche Reaktion im Publikum abzurufen.
Denn es fällt auf, dass diese Comedienne ihr Auditorium ständig derart antriggert. Da ist keine ironische Distanz zum Erzählten, die einen möglichen Witz erst ins richtige Licht stellen würde. Groppler tritt dem Niveau hingegen beherzt in den Schritt. Und das tut eben weh. Auch Comedy-Kollegin Lara Autsch, der Groppler das Warm-up ihrer Show überlässt, macht die gleiche Erfahrung: Lacht sie selbst über ihre Witze, folgt ihr das Publikum; tut sie es nicht, bleibt es auch im Auditorium still.
Ob man von dem, was eine Maria Clara Groppler da auf der Bühne erzählt, nun peinlich berührt oder einfach nur genervt ist: Sie führt einen mit ihren Witzen über Dick-Pics und schrumpelige Hodensäcke nah an eine geistige Bruchkante. Das mag man spannend und vielleicht auch prickelnd attraktiv finden, doch bleibt ein Tabubruch rein um des Tabubruchs willen ohne Wirkung. Und fehlt die eigene Aussage, ist Provokation auch keine Kunst (oder Kleinkunst). Ein Abend mit Groppler ist so ähnlich wie „Essen“ bei McDonalds: Im Moment des Reinbeißens schmeckt es, aber man hat eben nur künstliche Aromastoffe auf der Zunge. Gesund ist das nicht. Und satt macht es auch nicht.