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Kabarettistische Collage

MAINZ – Vor Beginn der Vorstellung blickt das Unterhaus-Publikum ins All, respektive auf eine Leinwand, auf deren besternten Hintergrund immer wieder Plakate der 17 Programme, die Thomas Freitag seit fast 35 Jahren auf deutschen Bühnen spielte, hineinflattern. Deren Inhalt hat der Kabarettist nun für „Nur das Beste“ durchforstet und präsentiert ein ernüchterndes Ergebnis: Geändert hat sich (fast) nichts.

Noch immer doktert man an der Gesundheitspolitik herum, noch immer fürchten sich die Europäer vor den Horden der „HBV“, der „Habenichtse und Braucheviele“, die demnächst ihre Grenzen überrennen und noch immer gibt es zu viele arbeitslose Jugendliche ohne Perspektive.

Doch Thomas Freitag ist keiner, der die Wirklichkeit platt persifliert, auch wenn er zu einem der begnadeteren Imitatoren zählt: „Helmut Kohl ist nicht so lustig, wie er komisch ist“, sagt er just an dem Tag, an dem der Pfälzer Jubilar in Ludwigshafen gefeiert wird. Seine akustischen Karikaturen haben sich nie nur auf die verbalen oder mimischen Schwächen der Politprotagonisten beschränkt, sondern kamen stets mit Inhalt daher.

So darf im „Besten“ nicht jenes Gespräch fehlen, das die Herren Wehner, Strauß und Brand im Altersheim führen. Und statt sich Kohl vorzuknöpfen, schickt er seine einst in die DDR verbannte Zwillingsschwester Gisela ins Rennen, die eine Oktave höher in Erinnerungen schwelgt: „Früher hat er sich nach der Messe immer auf den Wohnzimmertisch gestellt und gesagt: Das ist alles meins. Und dann hat er die Familie umbesetzt.“ Es sind Nummern wie diese, die, wenn auch ein wenig angestaubt, noch immer urkomisch sind.

„Nur das Beste“ ist eine kabarettistische Collage aus Freitags Programmen, die sowohl dem Publikum, als auch ihm gefallen. Gelegentlich ein bisschen willkürlich zusammengestellt zeigen sie doch Vielseitigkeit und Wandlungsfähigkeit dieses Kleinkünstlers: Er kann Kleist genauso überzeugend deklamieren wie er Reich-Ranicki den Satz „Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen“ analysieren lässt.

An diesem Abend gibt es also viel zu lachen. Man schwelgt in Erinnerungen, freut sich über so manches Wiederhören, erstarrt aber auch beschämt, wenn Freitag auf das verantwortungslose Handeln der Waffenproduzenten kommt. Und mancher Zungenschlag ist feiner als bei Kabarett-Kollegen. An die „ominöse Abwahl“ von Andrea Ypsilanti erinnert er mit einer bangen Frage: „Welche Politik wäre diesem Land der Banker erspart geblieben?“

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