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Drei Grazien in Grün

MAINZ (2. Oktober 2018). Nicht ohne Grund fühlen sich die Damen wohl in Mainz – vor allem im Unterhaus, das bekanntermaßen in der Münsterstraße liegt: Denn Sinje Schnittker, Jule Balandat und Tina Werzinger, die jetzt als „Zucchini Sistaz“ ihr Debüt in der Kleinkunstkatakombe gaben, sind in Deutschlands Fahrradhauptstadt Münster beheimatet. Angeblich kommen sie zu jedem Konzert mit einem Tridem, also einem Fahrrad für drei. Und so erklingt im Unterhaus natürlich auch die „Radelhymne“, bei der das Publikum die Fahrradhupe Berta geben darf: Möp-möp!

Im Rheingau Musik Festival waren sie wiederholt zu Gast und sind nun also endlich im Unterhaus angekommen. Fast möchte man sagen: Hier gehören sie hin, denn auf dieser Kellerbühne wirkt ihre vitale Kunst noch viel intensiver als open air im lauschigen Weingut. Die drei Grazien spielen Unterhaltungsmusik der 1940er Jahre sowie eigene Songs und eifern dabei Vorbildern wie den legendären Andrews-Sisters nach, wenn sie einstige Schlager wie „Don’t Sit Under the Apple Tree“ oder den „Boogie-Woogie-Bugle-Boy“ intonieren; genauso mühelos covern sie Hits wie „Fever“ von Eddie Cooley und John Davenport oder Cole Porters „Night And Day“.

Keine Frage: Hier steht musikalische Kompetenz auf der Bühne, denn das Trio sieht nicht nur famos aus in seinen zucchinigrünen Kostümen: Wenn die drei loslegen, wird der Programmname „Falsche Wimpern – echte Musik“ zum swingenden Ereignis. „Wir beide reden, Schnittchen spielt“, erklärt Balandant und meint damit das instrumentale Multitalent Schnittke. Einzig die Moderationen geraten nicht ganz so flüssig und könnten die eine oder andere Straffung vertragen. Doch das fällt angesichts der sprühenden Musikalität kaum ins Gewicht.

Das Terzett spielt und singt, so dass sich der Klang zuweilen zur veritablen Drei-Mann-Big-Band potenziert: Werzinger schlägt die Jazz-Gitarre und beeindruckt durch eine elastische Körpersprache, mit der man ein ganzes Wörterbuch füllen könnte; Balandat spielt den Kontrabass und Schnittker brilliert an Trompete, Posaune, Flügelhorn, Glockenspiel und Klarinette gleichermaßen. Man staunt und genießt, mit welcher Puste die drei den Staub von manch angegrautem Song blasen. In charmanter Plauderlaune schäkern sie sich durchs Programm und erweisen sich nicht nur als tolle Musikerinnen, sondern begeistern vor allem als echte Musikantinnen.

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