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50 Jahre Bachwochen Wiesbaden

WIESBADEN (17. Oktober 2025). Die Wiesbadener Bachwochen werden 50 Jahre alt und feiern als Biennale vom 2. November bis zum 18. Januar ihren 26. Lauf mit einem Bachfest. „Abenteuer Bach“ heißt das diesjährige Thema und wirft einen Blick auf die Verbindungen des Thomaskantors zum Dresdner Hof, an dem er so gerne wirken wollte und es doch nicht durfte, auch wenn er – ohne Gehalt oder Privilegien – 1736 endlich zum Hofkompositeur August des Starken ernannt wurde.

Doch Bach ist nur ein Gesicht, das man mit dem nach ihm benannten Musikfestival in Verbindung bringt. Das andere ist das von Martin Lutz, der die Bachwochen vor 50 Jahren gründete. Sitzt man dem heute 75-jährigen gegenüber, so hat man das Gefühl, als spräche man mit eben jenem 50 Jahre jüngeren Kantor an der Schiersteiner Christophoruskirche, so begeistert erzählt er von den vergangenen Dekaden und der Musik, die seither in der hessischen Landeshauptstadt erklungen ist.

Ein Stapel Programmhefte der vergangenen Jahre – die früheren noch im etwas unhandlichen Quadratformat, die aktuellen im handlichen DIN A 5 – liegt auf dem Tisch, Lutz schlägt das erste auf: „Schauen Sie mal: Gustav Leonhardt.“ Und so waren sie irgendwann alle mal zu Gast bei den Wiesbadener Bachwochen. Einzelne Interpreten will der Musiker, der mittlerweile mit Prof. Eva Maria Pollerus das künstlerische Leitungsteam bildet, gar nicht herausgreifen: Zu nennen wären letztendlich alle großen Namen der Alte-Musik-Szene, wodurch auch die Wiesbadener Bachwochen mit ihren wechselnden Themenschwerpunkten aktiv daran teilnahmen, die damals noch in den Kinderschuhen steckende Alte-Musik-Szene zu vitalisieren.

Das Festival war schon immer mehr als eine Konzertreihe: Für jeden Lauf richtet es seinen Blick auf Bach und sein Umfeld. Mal betrachtete es ihn als Bearbeiter fremder Werke, den jungen Bach, mal sein Spätwerk, Bach in Leipzig, sein Wirken auf andere Komponisten oder sein Parodieverfahren. So hört das Publikum nicht nur exquisite Interpretationen großer Musikerinnen und Musiker, sondern lernt durch die Musik auch immer bestimmte Seiten des großen Komponisten kennen.

1977 erlebten die Bachwochen mit dem mittlerweile „Internationalen Orgelwettbewerb um den Bachpreis der Landeshauptstadt Wiesbaden“ eine weitere Aufwertung: Die meisten Preisträger haben große Karrieren gemacht, viele bekleiden heute Professuren an Musikhochschulen. Wie die Bachwochen selbst bildet auch die Jury die Weltklasse ihres Fachs ab. Die mit insgesamt 12.500 Euro dotierten drei Preise werden von der Stadt Wiesbaden, dem hessischen Wissenschaftsministerium und der Johann-Sebastian-Bach-Gesellschaft Wiesbaden e. V. gestiftet.

Letztere wurde ebenfalls 1977 ins Leben gerufen und führt seitdem die Bachwochen als Trägerverein durch. Auch hier steht Martin Lutz mittlerweile an der Spitze, hofft aber auf „frisches Blut“ und wirbt mit einem Jahresbeitrag von 50 Euro für die „emotionale Bindung von Liebhabern Alter Musik an die hessische Landeshauptstadt“.

Gefragt nach besonderen Erlebnissen hebt er entschuldigend die Hände: Wo anfangen? Eines greift er dann doch heraus: Am 9. November 1989 führte man Händels Oper „Rinaldo“ konzertant im Kurhaus auf, der Vorverkauf war glänzend gelaufen, der Friedrich-von-Thiersch-Saal nahezu ausverkauft. Doch im Publikum saßen nur 400 Zuhörer, während sich das restliche Publikum zuhause selbst von Barockmusik der Extraklasse nicht vom Fernseher weglocken ließ und gebannt die Bilder vom Mauerfall anschaute.

Zwei große Ausstellungen wurden veranstaltet: 1985 anlässlich von Bachs 300. Geburtstag mit Autographen und 1987 im 300. Todesjahr von Jean-Baptiste Lully in der hoch gesicherten Schalterhalle der Dresdner Bank, schließlich hatte man aus Frankreich wertvolle Exponate organisieren können: „Das wäre heute unvorstellbar“, sagt Lutz.

Ganz reell ist hingegen das aktuelle Programm der Bachwochen, wobei sich der Gründungskapitän einen Herzenswunsch erfüllt: Am 9. November sind um 17 Uhr in der Lutherkirche zwei Trauermusiken von Bach und Jan Dismas Zelenka zu hören, darunter die Kantate „Lass, Fürstin“ (BWV 198), wofür Lutz mit der eigens zusammengestellten Cappella degli amici befreundete Musikerinnen und Musiker der Spitzenklasse vereint. Dazu singen mit den Cantori del Venosa exquisite Solisten aus der Region.

Das komplette Bachwochen-Programm mit seinen 19 Konzerten und die Möglichkeiten zum Kartenverkauf gibt es im Internet unter https://www.bach-wiesbaden.de.

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