Laben am barocken Buffet
MAINZ (13. August 2010). Die „Kunst des Holzes“, heißt der Name des Ensembles „L’Art du Bois“ wörtlich übersetzt. Dabei kann man das Prädikat „hölzern“ tatsächlich nur ihren Instrumenten anhängen, denn die Spielfreude der Freiburger Künstler ist alles andere: Kunstvoll und durchdacht, dabei jedoch vital und unterhaltsam kommt sie daher – lebensfroh, als hätte sich eine Marionette ihres Strippenziehers entledigt: Das Holz lebt!
Margret Gönner (Blockflöte), Lena Hanisch (Block- und Traversflöte), Maria Ferré und Mirko Arnone (Laute, Theorbe und Barockgitarre) sowie Judith Sartor (Viola da Gamba) sind die Künstler, die zu diesem Konzert des Mainzer Musiksommers „L’Art du Bois“ pflegen. Und das hätte dem Adressaten ihres Programm in Schloss Waldthausen bestimmt gefallen: Louis XIV., dem legendären Sonnenkönig, war diese musikalische Hommage gewidmet, die so viele schöne Überraschungen präsentierte.
Diversen Komponisten widmete „L’Art du Bois“ mit diesem Auftritt seine Aufmerksamkeit: Händel, Vivaldi, Couperin, Lully, de Visée, Marais – die Liste der Musikschöpfer las sich wie ein barockes „Who is who?“ und die Interpreten lösten das Versprechen von Kurzweil und Farbigkeit so köstlich ein, dass man sich fast selbst als Gast des Monarchen wähnte, um sich am überbordenden Barock-Buffet zu delektieren.
Köstlich harmonierten Altblock- und Traversflöte in sympathischem Kontrast: Präsenz und kraftvoller Klang auf der einen, weiche Abschattierung auf der anderen Seite, was die Figur von Rede und Antwort apart divergieren ließ. Kleine, anmutige Dialoge der Bläser und das luftig leichte Spiel der Gambe vor dem Flirren von Gitarre und Theorbe ergänzten sich perfekt und hochkonzentriert musizierte „L’Art du Bois“ als feste Einheit, die es jedoch in keinem Augenblick an Transparenz, Homogenität und Esprit fehlen ließ.
Verantwortlich für den Partituren-Reichtum jener Zeit zeichnet vor allem Philidor L’Ainée, der als königlicher Bibliothekar Louis XIV. den Grundstock der Musikbibliothek von Versailles und der Musiksammlung der Nationalbibliothek gelegt hatte. Hier finden sich rund 10.000 handschriftliche Bände, darunter fast alle Werke von Lully und die Vokalmusik von Delalande.
Drei Stücke aus der Sammlung L’Ainées spielte auch „L’Art du Bois“: kleine, mit Liebe ausmusizierte Kabinettstücke, deren feinen Humor das Ensemble mit bezaubernder Anmut wiedergab. Gleiches galt für die seidigen Modulationen in Alessandro Piccininis Toccata für Theorbe und Barockgitarre, die schmucke Ciaconna Tarquino Merulas und das sinnlich dichte Rondement aus der Trio-Sonate aus „La Paix du Parnasse“ von François Couperin. Was heute „ernste Musik“ ist, war damals beste Unterhaltung – „L’Art du Bois“ hat dies verstanden.
SWR 2 sendet einen Konzertmitschnitt am 4. Dezember 2010 ab 20.03 Uhr.