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Aus Amors Reich

ELTVILLE (21. Februar 2019). Gleich in mehrfacher Hinsicht fühlte man sich mit dem Konzert im historischen Ballsaal des Hotels Frankenbach in vergangene Zeiten zurückversetzt. Zum einen ist es natürlich der Ort an sich, dann die Soiree, mit der die Sopranistin Elisabeth Scholl als Gastgeberin an frühere Auftritte anknüpft, und schließlich das barocke Sujet des Abends: „Aus Amors Reich“, wo die Liebe noch geheimnisumwoben war und nicht mehr oder minder zur plakativen Ware degradiert – heute parshippt man ja.

Gemeinsam mit Scholl treten Helen Rohrbach (Sopran) und ihr Mann Christian (Altus) auf, begleitet werden sie von Felix Koch (Barockcello) und Markus Stein (Cembalo), zu hören sind Duette, Terzette und Solokantaten von Domenico Mazzocchi, Luigi Rossi, Agostino Steffani, Antonio Vivaldi und Georg Friedrich Händel. Unüberhörbar sind die Musiker hier zuhause, vermögen sich in die Klänge hinein zu fühlen und sie aus dieser Empfindung heraus beseelt wiederzugeben.

Die verschiedenen Eindrücke der Liebe spiegeln sich in den Texten und der elegant und geschmackvoll interpretierten Musik, doch nicht nur da: Gleich im ersten Terzett „Folle cor“ von Mazzocchi wird das leicht verführbare „dumme Herz“ derart agil besungen, dass der vokale Dreiklang den Akkorden des Cembalos gleicht; bei Händels „Pastorella vagha bella“ spiegelt sich Rohrbachs Sopran im silbrigen Klang der auskomponierten Begleitung des Tasteninstruments, im Duett der Damen „Pria ch’io facci“ von Steffani sind es die kraftvollen Stimmen, die sich wunderbar ergänzen und als Helen und Christian Rohrbach von den zuvor erwähnten „Ketten der Liebe“ erzählen, fühlt man sich eher an ein edles Geschmeide erinnert, so intensiv durchdringt ihr Gesang das Thema. Auch in Händels „Sono liete fortunate“ spüren die Stimmen dicht geführt und einander umspielend dem Text nach „Crudltà n’è lontananza.“ – Entfernung ist Grausamkeit.

Wunderbare Stimmen, erlesene Lieder, delikate Musikanten als Begleiter. Als Christian Rohrbach Händels „Vedendo Amor“ intoniert, ist man kurz irritiert – doch nicht des Gesangs wegen: Es ist eine jener 52 Kantaten für Singstimme und Basso continuo, die Händel während seiner vier italienischen Jahre 1706 bis 1710 geschrieben hat; in der ersten Arie spielt nun das Cello eine Basslinie, die man in ihrer gleich wiederholten, absteigenden Melodie aus dem Schlusschor von Bachs Matthäuspassion „Wir setzen uns mit Tränen nieder“ kennt, komponiert 1727. Wieder so eine faszinierende Spiegelung.

Ergänzt werden die Arien durch Girolamo Frescobaldis virtuos gespielte Canzona I für Violoncello und Basso continuo sowie Partien aus Sonaten Vivaldis. Auch hier (in RV 40) erlebt man, wie sich das vorher im Lied Erzählte im Klang der Instrumente wiederfindet: Elegisch und leidenschaftlich das Largo, elektrisierend und angespannt das Adagio – ach, die Liebe!

Dass die Künstler an diesem Abend ohne Honorar aufgetreten sind und die erbetene Spende am Ausgang ohne Abzug Projekten für Scholls Studierende an der Hochschule für Musik zugutekommen, mag nur eine Randbemerkung sein, doch dokumentiert dies noch einmal mehr, was heute im Mittelpunkt stand: die Liebe eben, hier zur Musik und dem gemeinsamen Tun – Amor respektive Amore in ihrer wunderschönsten Form.

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