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Barock total

MAINZ (24. März 2019). Dass Mainz eine blühende Musikstadt ist, davon zeugen Chöre, Orchester, Ensembles und Institutionen, die nicht nur vor Ort für ein reges Konzertangebot sorgen. Damit dies auch so bleibt und auf qualitativ hohem Niveau geschieht, braucht es eine besondere Pflege des künstlerischen Nachwuchses.

Auch hier wird in der Landeshauptstadt viel getan, wofür am Sonntag gleich zwei direkt aufeinander folgende Konzerte den treffenden Beweis antraten: In St. Ignaz gab es Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ mit der Jungen Streicherakademie Mainz und in der Seminarkirche dann Bach-Kantaten mit Sängerinnen und Sängern von „Barock Vokal“.

Die Junge Streicherakademie von Prof. Annette Seyfried hat sich zum Ziel gesetzt, musikalisch besonders begabte Kinder und Jugendliche intensiv zu fördern und sie im besten Fall dazu zu ermuntern, ihr Instrument dann auch zu studieren. Gleich vier dieser jungen Virtuosinnen durfte man jetzt mit den vier Violinkonzerten der „Quattro stagioni“ bewundern: Maria Wöllstein, Emma Mühlnickel, Kim-Chi Stutzinger und Isabelle Raviol – alle errangen bei „Jugend musiziert“ 2019 auf regionaler Ebene bereits erste Preise.

Und das verdient: Begleitet von engagierten Orchestermusikern aus der Region tauchten die vier jungen Damen tief in Vivaldis Tongemälde ein, beeindruckten durch ausdrucksvolles Spiel und gefühlvollen Ton, spannende Akzente und dynamisch-agogische Finessen. In der musikalischen Gewitter-Schilderung im „Sommer“-Konzert gelang Emma Mühlnickel eine gleichsam elektrisch aufgeladene Spannung, die sich mit Wucht entlud.

Sie war es auch, der man am meisten ansah, welche Freude ihr das Musizieren bereitet: „Lust entsteht durch Können“, schreibt Annette Seyfried in einem ausgelegten Prospekt über die Junge Streicherakademie – es wäre begrüßenswert, dürfte man bei den präsentierten Künstlerinnen künftig nicht nur das grandiose Können, sondern auch die Lust an der Musik im Minenspiel goutieren, damit es weniger nach perfektem Abliefern aussieht.

Richtet sich die Streicherakademie an Schülerinnen und Schüler, sind die Teilnehmer des Exzellenz-Programms „Barock Vokal“ schon im Studium. Die Hochschule für Musik Mainz bietet hier talentierten Stimmen gegen Gebühr an, sich in Projekten von namhaften Dozenten unterrichten zu lassen, wobei das Ergebnis dann in Konzerten präsentiert wird. Als Lehrer agierten diesmal der Sänger Andreas Scholl und Martin Lutz, der das Konzert mit den Kantaten BWV 131, 156 und 106 dirigierte.

Zwölf Sängerinnen und Sänger bildeten den schlanken Chor, aus dem sich auch die Solisten rekrutierten. Unglücklicherweise sangen diese jedoch aus der Ensembleposition hinter dem Orchester, so dass nicht jeder sein Potenzial voll entfalten konnte. Große Stimmen waren zu hören, zuvorderst die Tenöre Fabian Kelly und Erik Reinhardt sowie im Alt Larissa Botos und Changhoun Eo, der jüngst den hochschulintern erstmals ausgeschrieben Heinz-Frankenbach-Preis gewann. Einzig die Sopranistinnen fanden sich nicht zur geschlossenen Formation – drei gute Solostimmen ergeben eben nicht automatisch ein homogenes Chorregister.

Dennoch waren die Kantaten, vor allem der „Actus tragicus“ (BWV 106), ein großer Genuss, was nicht zuletzt an der kundigen Begleitung durch das auf historischen Instrumenten musizierende Neumeyer Consort lag: Die Verantwortlichen bei „Barock Vokal“ dürfen sich glücklich schätzen, ein so exquisites „Ensemble in Residence“ an der Hand zu haben. Als Solisten bezauberten hier besonders Ghislaine Wauters und Rainer Zipperling (Viola da gamba) sowie Charlotte Schmidt-Berger mit zartem Oboen-Ton in der Sinfonia zur Kantate „Ich steh mit einem Fuß im Grab“ (BWV 156).

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