Violinspiel, das aufhorchen lässt
MAINZ – Benjamin Schmid liebt die Barockmusik. Das zeigte nicht nur seine Zugabe anlässlich seines Gastspiels in der Mainzer Rheingoldhalle: Heinrich Bibers Passacaglia hat so gar nichts Romantisches. Wenig davon gab es auch zuvor bei Mendelssohn – und es fehlte einem auch nicht…
Das Violinkonzert in e-moll op. 64 von Felix Mendelssohn-Bartholdy gilt als eines der schönsten seiner Art und der Romantik. Und dennoch verzichtet der österreichische Violinist Schmid im Konzert mit dem Staatsorchester Rheinische Philharmonie auf jegliches Pathos, auf Übertreibung und kitschige Beschaulichkeit. Stattdessen ein gefühlvolles Spiel, das aufhorchen lässt.
Vielleicht liegt es auch daran, dass sich Schmid in den Orchesterklang einpasst, anstatt partout solistisch glänzen zu wollen. Absicht oder Zufall? Gleichviel: Das „reduzierte“ Solo besticht dennoch mit unglaublich feinem Bogenstrich. Schmid verziert mit Ricochet und Spiccato, übertreibt aber auch hier nicht.
Dem einen oder anderen sicherlich ein bisschen nüchtern, doch ansprechend anders spielt der Solist die Kadenz im zweiten Satz: Es sind wiederum die leisen Töne, die noble Zurückhaltung, die einen berühren. Wie selbstvergessen schwingen die Figurationen der Violine nach, als das Orchester sie gleichsam „zurückholt“. Im Allegro molto vivace bestechen sowohl Klangkörper als auch Solist einander durchdringend und ergänzend durch eine zauberhafte Gegensätzlichkeit: Schmid parliert wie ein übermütiger Kobold auf den getragenen Orchesterakkorden.
Zuvor spielte die Rheinische Philharmonie Beethovens vierte Sinfonie in B-Dur op. 60, der mit ihrem diffusen, geheimnisvollen Beginn und dem plötzlich und leuchtend einsetzenden Allegro vivace etwas passend Österliches, ein Hauch von Auferstehung innewohnt.
Dieses Bild malten die Koblenzer Musiker mit ansprechend kräftiger Klangfarbe, woran besonders die exquisiten Holzbläser einen großen Anteil hatten. Das folgende Adagio verströmte eine warme Ruhe, das stürmischen Allegro vivace des dritten Satzes gemahnte an den Esprit des ersten und mündete schließlich in der verspielten Lockerheit des finalen Allegro. Hier wirkten die Streicher mit bestechender Akkuratesse, wobei sie Beethovens köstlichen Einfall, das in raschen 16tel-Noten gespielte Thema noch einmal wie in Zeitlupe durch alle Stimmen schlendern zu lassen, augenzwinkernd umsetzten.
Dieses jüngste „Mainzer Meisterkonzert“ war – passend zum Auferstehungsfest – mit „Russische Ostern“ überschrieben. Mit der gleichnamigen Ouvertüre von Nikolaj Rimski-Korsakow spielte das Staatsorchester Rheinische Philharmonie unter der Leitung von Daniel Raiskin allerdings das blasseste Werk des Abends – was jedoch keinesfalls an der espritvollen Leistung des Klangkörpers, sondern einfach an der fehlenden Substanz von Opus 46 lag. So geriet dieses Stück zum Kehraus nach zwei bestens musizierten sinfonischen Werken.