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Glutvoll und bewegend

MAINZ (5. Februar 2017). Premiere: Erstmals treten Chor und Orchester des Collegium musicum der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz in der „Halle 45“ auf. Als diese noch Phönixhalle hieß, war man hier oft Gastgeber, doch wie sehen nach dem Umbau die akustischen Verhältnisse aus? Um das auszutesten, hätte die Werkauswahl für das Semesterkonzert kaum besser sein können: das Requiem von Guiseppe Verdi mit seinen brachialen Momenten und sanften Augenblicken.

Auch wenn das nach wie vor industrielle Ambiente für den klassischen Konzertbetrieb eher ungewohnt erscheint: Für derart große Werke hat die „Halle 45“ die Feuertaufe glänzend bestanden und das Publikum erlebte ein berauschendes Requiem, das sich in Anspruch und Atmosphäre durchaus mit rein professionell besetzten Produktionen messen lassen konnte.

Rund 270 Stimmen und mehr als 80 Instrumentalisten wirkten hier mit – bereits die Zahlen beeindruckten. Was diese musikalisch begeisterten Menschen jedoch jedes Semester wieder auf die Beine stellen, das Engagement und die dann erzielte Qualität, sind mindestens ebenso bewundernswert – zumal die Teilnahme daran für die meisten kein studentisches Muss ist, sondern Talente aus allen Fachbereichen sowie universitären Hierarchien und Altersstufen bindet. Die offenbar begeisternde Leitung von Felix Koch, der dem Collegium musicum seit viereinhalb Jahren vorsteht und dessen Freude am Musizieren sich hörbar ungefiltert auf Chor und Orchester überträgt, tut ihr Übriges.

Die vier Solisten des Abends – Jihyun Lee (Sopran), Stephanie Lesch (Alte), Keonwoo Kim (Tenor) und Roman Tsotsalas (Bass) – wurden erstmals durch das Gutenberg-Gesangsstipendium der Johannes-Gutenberg-Universität ermittelt: Anlässlich seines 70-jährigen Bestehens im vergangenen Jahr hat das Collegium musicum dieses neue, bundesweite Förderprogramm aufgelegt, mit dem es für seine Produktionen fortgeschrittene Gesangsstudierende gewinnen möchte. Das Stipendium schließt neben der Probenarbeit und den Konzerten mit CD-Mitschnitt auch ein mehrtägiges, repertoire-spezifisches Coaching und gesangspädagogische Begleitung durch Prof. Thomas Dewald als Leiter der Gesangsabteilung der Hochschule für Musik Mainz ein.

Beste Voraussetzungen also für Verdis Requiem, dessen Wiedergabe als glutvoll und bewegend in Erinnerung bleibt: das raunende Pianissimo des Chores auf samtweichem Orchesterspiel zu Beginn, das infernalisch hereinbrechende „Dies irae“ mit seinem brodelnden „Turba mirum“. Die Musiker sind blendend vorbereitet, Intonation und Diktion sind in jeder Stärke gestochen scharf und auch das Zusammenspiel mit den Solisten gelingt überzeugend.

Hier begeistern vor allem Lee und Lesch sowie Kims Tenor mit beachtlicher Präsenz, während der Bass Tsotsalas‘ rein dynamisch etwas zurückfällt. Verdis Requiem ist voll von ergreifenden Momenten, etwa wenn die Streicher die Gesangsstimmen wie in einen flirrenden Glorienschein hüllen oder der Chor sich mit Verve in die kunstvoll miteinander verschränkten Fugen stürzt. Der vielleicht innigste Moment des Abends erklingt im finalen „Libera me“, als Solosopran und Chor a cappella eine ätherische Stimmung erschaffen, die einen alles um einen herum vergessen lässt.

Mit jedem Konzert unterstützt das Collegium musicum eine soziale Einrichtung. In diesem Jahr fiel die Wahl auf den Verein Flüsterpost e.V., der sich um die Beratung und Begleitung von Kindern krebskranker Eltern kümmert. „Es ist wichtig, dass wir das machen“, erklärte Prof. Felix Koch vor Konzertbeginn: „So können wir die Musik als Transportmittel nutzen, um Aufmerksamkeit für die Belange der jeweiligen Einrichtungen zu erzeugen.“

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