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Immer wieder neue Klangwelten

INGELHEIM (7. Februar 2023). „Aus der neuen Welt“ lautete das Motto des jüngsten Semesterkonzerts von UniChor und UniOrchester in der kING. Auf dem Programm neben der sattsam bekannten gleichnamigen e-Moll-Sinfonie von Antonin Dvořák die sicherlich von kaum jemandem im Publikum zuvor gehörte Kantate [sic!] „Hiawatha’s Wedding Feast“ aus „The Song of Hiawatha“ op. 30 des amerikanischen Komponisten Samuel Coleridge-Taylor (1875-1912). Mit diesem Konzert feierte indes der Dirigent Prof. Felix Koch ein Jubiläum: Am 3. Februar 2013, vor fast genau zehn Jahren also, hatte er sein erstes Konzert als damals neuer Leiter des Collegium musicum der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz gegeben.

Und mit Koch brach hier in der Tat eine „neue Welt“ an. Als Nachfolger von Prof. Joshard Daus drehte der Musikpädagoge das „Colmus“ kräftig auf links und überraschte das Publikum immer wieder mit spannenden Chor- und Orchesterkonzerten, wofür Koch junge Musikerinnen und Musiker anzog wie ein Magnet. Aufführungen mit mehr als 200 Musizierenden sind seitdem an der Tagesordnung und die Liste der aufgeführten Werke ist lang: die Requien von Johannes Brahms und Giuseppe Verdi, eine verjazzte Carmina Burana von Carl Orff, Leonard Bernsteins „Chichester Psalms“ und Dvořáks „Te Deum“, die „Sea Symphony“ von Ralph Vaughan Williams sind nur einige der zahlreichen Höhepunkte.

Dvořáks neunte Sinfonie ist ein dankbares Werk: Die Themen und Melodien sind bekannt und so fand sich auch das UniOrchester leicht in den vier Sätzen zurecht. Aufhorchen ließ dabei das Largo, das Koch überraschend flott nahm. Der mächtige Klangapparat – er zählte an diesem Abend allein 13 Celli und über 30 Violinen! – folgte Kochs Dirigat meist punktgenau. Einzig in den Bläsern waren zuweilen eigenwillige Intonationen zu orten. Es ist immer wieder beeindruckend, zu welcher Leistung sich Laien allein durch schiere Begeisterung anregen lassen. Im erwähnten zweiten Satz durfte man hauchdünnes Piano bestaunen, im anschließenden Scherzo in Dreiviertelseligkeit schwelgen und sich vom Marsch des finalen Allegro mitreißen lassen.

Der Komponist Samuel Coleridge-Taylor war einer der ersten Schwarzen seiner Zunft, hatte unter anderem bei Charles Villiers Stanford studiert und begeisterte Edward Elgar, der ihn als „mit Abstand klügsten Kollegen der jüngeren Generation“ lobte. Er wollte in der westlichen Kunstmusik einen afrikanisch verwurzelten Stil etablieren und sein „Hiawatha’s Wedding Feast“ war zu Beginn des 20. Jahrhunderts laut Koch so beliebt wie Georg Friedrich Händels „Messiah“ oder Felix Mendelssohn Bartholdys „Elias“ (dem sich das Collegium musicum übrigens in seinem nächsten Semesterkonzert am 9. Juli in der Mainzer Rheingoldhalle widmen wird).

Hieß es für den während des ersten Teils bereits mit aufgetretenen UniChor während des Dvořáks noch „tacet“ – einzig eine kurze Kostprobe des anschließenden Vokalwerks wurde zuvor gereicht –, konnte er im zweiten Teil einmal mehr unter Beweis stellen, dass er eines der relevanten Vokalmusikensembles der Region ist. Auch hier musizieren keine Profis, was die mehr als hundert Stimmen aber immer wieder geschickt verbergen. Koch moderierte wie gewohnt charmant und ausführlich, schließlich musizierte man mit Coleridge-Taylors „Hiawatha’s Wedding Feast“ eine Kantate ganz eigenen Charakters.

Es geht um ein Hochzeitsfest, bei dem Köchin, Braut und Bräutigam nur zuschauen, wie ihre Gäste essen, trinken und tanzen. Das wird indes rasant und vor allem bildlich dargestellt. Wie der Chor hier den wirbelnden Tänzer beschrieb, war schlicht ergreifend. Der große Klangkörper agierte wendig und sicher in Intonation wie Diktion. Auch das Solo des Abends war eine Leistung: Das Liebeslied des Chibiabos wurde von David Jakob Schläger gesungen, der mit seinem lyrischen Tenor und warm schimmerndem Timbre den englischen Versen zartes Leben einhauchte. Koch gibt jungen Sängerinnen und Sängern in den Konzerten von UniChor und UniOrchester gerne die Gelegenheit zum Glänzen und schafft damit für wirklich alle im Saal eine Win-Win-Situation.

Mit diesem Konzert könnte sich Felix Koch also eine weitere Trophäe an die Wand hängen, doch das ist seine Sache nicht: Der Musiker ist als Primus inter pares ein absoluter Teamplayer und weiß die Erfolge, die das Collegium musicum seit 2013 feiert, auf viele Schultern verteilt. Sein Zehnjähriges nahm Koch daher auch zum Anlass, all diesen Mitwirkenden hinter den Kulissen – Büro, Orchestervorbereitung, HiWis und anderen – eine symbolische Rose als Dankeschön zu überreichen. Diese Geste ließ das Publikum erneut applaudieren – verbunden mit der Zusage des Dirigenten, dass er das Collegium musicum mindestens weitere zehn Jahre lang leiten wird.

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