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Fulminantes Mainz-Debüt von Gabriel Venzago

MAINZ (24. August 2025). Ein in jeder Hinsicht bemerkenswertes Konzert im voll besetzten Mainzer Dom: Noch vor seinem offiziellen Debüt als neuer GMD des Mainzer Theaters dirigierte Gabriel Venzago die zweite Sinfonie „Lobgesang“ von Felix Mendelssohn Bartholdy. Dem Staatsorchester stand dabei ein fulminanter vokaler Klangkörper aus UniChor sowie Mitgliedern der vier am Dom wirkenden Chöre zur Seite: Mit 200 Sängerinnen und Sängern dürften es ungefähr so viele wie bei der Uraufführung 1840 in Leipzig gewesen sein. Mendelssohn Bartholdy hatte seinen „Lobgesang“ anlässlich der 400-Jahrfeier von Johannes Gutenbergs Erfindung der Buchdruckkunst komponiert.

Nun war es natürlich ein Glücksfall, dass Mendelssohns Opus 52 in den vergangenen Monaten sowohl von den Domchören als auch vom UniChor einstudiert und aufgeführt worden war. Man kannte das Stück und doch war es für Venzago natürlich eine große Herausforderung, binnen kürzester Zeit aus den zwei Ensembles, die bislang noch nie miteinander musiziert hatten, einen Chor zu formen. Und es gelang: Bereits nach kürzester Zeit sei der Funke in der ersten (und einzigen) Chorprobe ohne Orchester drei Tage vor dem Konzert übergesprungen, berichtete UniChor-Dirigent Felix Koch. Wie Domkapellmeister Karsten Storck sang er im großen Chor mit.

Das, was beide Musiker nach der Probe berichteten, war auch im Konzert zu spüren: Gabriel Venzago ist ganz bei seinen Musikern, scheint mit jedem einzelnen direkt zu kommunizieren. Mit vollem Körpereinsatz tauchte der Dirigent in die Sinfonie ein und bewies gleich zu Beginn, was für ein großartiger Orchesterdirigent er ist. Seine Einsätze sind präzise, wobei er ein bemerkenswert forsches Tempo an den Tag legte. Wer in den vorderen Reihen saß, durfte auch die offene Mimik des Dirigenten sehen, mit der er gewinnend das einforderte, was er wollte – alle anderen konnten es ohne jegliche Reibungsverluste hören.

Ob große Geste oder ein kleines Schulterzucken: Mal mit, mal ohne Dirigierstab zeichnete Venzago ansprechend große Bögen, ohne sich in der anspruchsvollen Domakustik zu verlieren. Spannend wurde es, als der Chor einsetzte, doch auch hier konnte der Dirigent vom ersten Akkord an seine Ideen klar vermitteln. Kompromisslos forderte er Sprache ein, was der Chor ebenso engagiert einlöste. Gewaltige Klangwellen fluteten den Raum, doch konnten die Register auch im Piano überzeugen. Jede noch so kleine Nuance wurde von den Sängern aufgegriffen. Es darf durchaus als Phänomen betrachtet werden, welch schlüssige Interpretation hier allen gelang.

Und das traf auch auf die drei Solostimmen zu: Emilie Jonsson (Sopran), Sasou van Oordt (Mezzosopran) und Nikolas Groth (Tenor) sind Studierende der Musikhochschule Mainz. Van Oordt und Groth sangen früher auch in den Chören am Dom, wo sie ihre erste sängerische Ausbildung erhielten. Sämtliche Partien waren ein Genuss, wobei das Duett der beiden Frauenstimmen besonders delikat gelang: Jonsson und van Oordts Stimmen haben durchaus unterschiedliche Färbung, was sich hier jedoch bemerkenswert wohltimbriert mischte.

Wie die Solisten blickten auch Chor und Orchester auf die mit mehr als 35 Quadratmetern größte Bibelseite der Welt, die anlässlich des 625. Gutenberg-Geburtstags seit Ende April im Ostchor hängt. Aufgrund der großen Nachfrage wird das Exponat hier bis zum 31. Dezember zu sehen sein.

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