Erst mal allgemein verunsichert
NEUWIED-ENGERS – Die verwunderte Reaktion derer, denen man vom Konzert mit „EAV“ erzählte, fiel nahezu einstimmig aus: „Gibt’s die noch?“ Und ob! Das bewies die Truppe um Sänger Klaus Eberhartinger und den Gitarristen sowie Texter Thomas Spitzer im Rahmen ihrer „Best of-Tour“ vor barocker Kulisse mit einer rockigen Bühnenshow.
Kurfürst Johann Philipp Reichsgraf von Walderdorff, der Mitte des 18. Jahrhunderts Schloss Engers erbauen ließ, soll laut Zeitzeugen ja ein humoriger Mann gewesen sein. Daher hätte ihm dieses Abschlusskonzert der Open air-Saison 2009 im Schlosshof von Engers wahrscheinlich besonders gefallen, auch wenn er statt E-Gitarre, Keyboard und wummerndem Bass wahrscheinlich eher ein filigranes Cembalo bevorzugt hätte. So dürfte der Auftritt der österreichischen Kult-Band „EAV“ bei ihm das hervorgerufen haben, was diese seit ihrer Gründung 1977 im Schilde führt: eine „Erste Allgemeine Verunsicherung“ eben.
Klassiker wie „Ba-Ba Banküberfall“, „Küss‘ die Hand, Herr Kerkermeister“ „Sandlerkönig Eberhard“ oder „Märchenprinz“ verdeck(t)en immer wieder, dass „EAV“ es nach wie vor liebt, der Political Correctness kräftig in die Suppe zu spucken. Mit ihren frechen, doch stets galanten Reimen, einem Schuss Wiener Schmäh und gelungen garstigen Pointen changieren die Lieder seit jeher zwischen Klamauk und ernstem Anliegen. Die Musik ist zeitlos, kommt aufpoliert aber deutlich rockiger daher als auf den bekannten Studio-Alben.
Kein Eisen ist der „EAV“ zu heiß, egal ob Religionskritik, Körperkult oder Sextourismus. Und Klaus Eberhartinger nimmt kein Blatt vor den Mund: „Der Vatikan sitzt beim Thema Homosexualität voll zwischen den Stühlen: In der Theorie ist man völlig dagegen und in der Praxis durchaus aufgeschlossen.“ Zwischen den humorigen Versen der Lieder und den kabarettistischen wie spitzen Moderationen des Frontsängers verstecken sich immer wieder deutliche politische Statements gegen Egoismus oder die Diskriminierung von Homosexuellen wie im aktuellen Song „Dann und wann“.
Und so kam in Sichtweite des früheren Kernkraftwerks Mülheim-Kärlich der Song „Burli“ natürlich besonders gut: Hier beschäftigte sich „EAV“ 1988 mit den Folgen eines Super-GAUs, weswegen man ihnen damals vorwarf, behinderte Menschen zu verspotten. Andere Lieder bescherten der Band Klagen beispielsweise seitens des Rechtspopulisten Jörg Haider oder Rundfunk-Boykotte und brachten den Musikern mit viel Feind‘ auch immer wieder viel Ehr‘ ein.