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Zurück zu den Wurzeln

MAINZ (17. Januar 2019). So mancher Zuhörer wird sich an seine eigene Studienzeit erinnert haben: an dröge Vorlesungen, abgehobene Professoren, schwer verdaulichen Stoff. Insofern darf man ruhig ein wenig neidisch auf die jungen Sängerinnen und Sänger sein, die an der Hochschule für Musik in Mainz seit dem Sommersemester 2018 von Elisabeth Scholl unterrichtet werden. Die charismatische Sängerin gab jetzt im Roten Saal ihr Antrittskonzert und überraschte das Publikum mit einem Programm, das weit mehr als die stilistische Vielschichtigkeit der Künstlerin zeigte.

Als ersten Liedbeitrag, am Klavier einfühlsam vom Kollegen Marcelo Amaral aus Scholls Zeit im Nürnberg begleitet, hörte man Wagners „Dich, teure Halle, grüß ich wieder“, womit keinesfalls die Kosten für den vor zehn Jahren bezogenen Neubau auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität gemeint waren: Elisabeth Scholl begann hier auch ihre Karriere – als Studentin am Fachbereich Musik, damals noch am Binger Schlag. Was nun folgte, war eine sympathisch-persönliche Zeitreise über einzelne Stationen eines Musikerinnenlebens, in dem es viele „prägende Begegnungen und Aha-Erlebnisse“ gab.

Da war das Singen im Familienensemble oder bei den Kiedricher Chorbuben. Die dortige Rolle des „Bettelmanns“ hat Scholl beibehalten, möchte sie doch heute Mäzene für die Unterstützung ihrer talentierten Schüler gewinnen. Bei einem frühen Wettbewerb sang sie von Franz Schubert „Der Jüngling auf dem Hügel“ sowie „Der Zwerg“ und tat dies auch an diesem Abend – gerne hätte man verglichen, inwieweit sie damals schon so stimmungsvoll deklamierte und leichtfüßig mit Diktion und Dynamik spielte.

Dann der erste Opernauftritt in Mozarts „Zauberflöte“ 1982 am Staatstheater in Wiesbaden, wo Scholl die gestandenen Kollegen fragte, wie man eigentlich Sängerin würde. Bei der Abiturfeier gab sie dann von Bernstein dessen „Cycle of Five Kid Songs“ und darin das Lied „I hate music“. Auch an diesem Abend erklang es – angesichts der beachtlichen Karriere Scholls und der einnehmenden Interpretation möchte man fast meinen: vom Titel her nicht überzeugend.

Doch Scholl ist ja Professorin für Barockgesang und lernte in ihrer Zeit an der Schola Cantorum Basiliensis Komponisten wie Adam Krieger und Andreas Hammerschmidt kennen, schrieb aus den Faksimiles von Alessandro Scarlatti die Kantate „Il Nerone“ ab. Auch dieses blutrünstige Stück war zu hören, diesmal begleitet von den Mainzer Kollegen Felix Koch (Cello) und Markus Stein (Cembalo).

Neben Arien aus Mozarts „Cosi fan tutte“ und „La clemenza di Tito“ war jedoch „No, no, I’ll take no less“ aus Händels „Semele“ der absolute Höhepunkt, was nicht nur an Scholls perlendem Koloraturgesang lag: Per Beamer hatte sie das Zwiegespräch zwischen Semele und Jupiter über Körperlichkeit in einem animierten Cartoon dargestellt – samt Botox-Spritze und Foto von George Clooney. Diese pfiffige Idee sollte sich die Sängerin schleunigst für den Schulunterricht patentieren lassen. Hochschulrektor Immanuel Ott hatte es schon in seiner Begrüßung auf den Punkt gebracht: „Elisabeth Scholl ist für Mainz eine Bereicherung, für die wir sehr dankbar sind.“

Konzerte
21. Februar, 19.30 Uhr im Hotel Frankenbach in Eltville: „In Amors Reich“ – Kantaten, Duette und Terzette des Barock mit Elisabeth Scholl und Helen Rohrbach (Sopran), Christian Rohrbach (Altus), Felix Koch (Cello), Markus Stein (Cembalo)
24. Februar, 16 Uhr am gleichen Ort: Finalkonzert des ersten Heinz-Frankenbach-Preises mit Studierenden der Gesangsklassen der Hochschule für Musik Mainz
28. April, 16 Uhr in der St. Valentinuskirche Kiedrich: Zweites Mäzenatenkonzert mit dem Ensemble ed Orchestra Suttonia (Leitung: Elisabeth Scholl)

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